Eine Analyse zu den Ursprüngen des syrischen Bürgerkriegs

1. „Tag des Zorns“
Viele berühmte Persönlichkeiten führen einen Beinamen, der eine charakteristische Eigenschaft beschreiben soll: „Karl der Kahle“ hatte vermutlich wenig Haare, „Pippin der Kurze“ war klein, und Elvis ist einfach „der King“, obwohl er nicht von adliger Abstammung ist. Wenn nun der syrische Präsident in den Medien unermüdlich „Assad der Schlächter“ genannt wird, dann braucht man gar nicht weiter nachzufragen – oder etwa doch?
Es ist nicht verwunderlich, dass kaum jemand über die Anfänge, bzw. Hintergründe des syrischen Bürgerkriegs unterrichtet ist: Schließlich finden zum in Frage stehenden Zeitpunkt fast überall in der arabischen Welt Demonstrationen für Demokratie, Freiheit und andere lobenswerte Dinge statt. Der Fokus der Aufmerksamkeit ist auf Ägypten und Tunesien gerichtet, später auf Libyen. Die Nachrichten in der westlichen Presse über Syrien sind eher spärlich – was nicht unwesentlich daran liegt, dass sich zunächst nicht viel tut. Das syrische Volk zeigt wenig Lust, zu demonstrieren, als syrische Aktivisten – die großenteils im Ausland sitzen – über Facebook den 4. Februar 2011 zu einem „Tag des Zorns“ nach
ägyptischem Vorbild ausrufen. (Wie sich später herausstellte, war der Initiator Fida al-din Al-Sayed Issa, der in Schweden lebt und dem Verbindungen zur Muslimbruderschaft nachgesagt werden.) „Al Jazeera“ sagt vorher, dass die Straßen leer bleiben werden – und soll recht behalten. Die westlichen Medien zeigen sich enttäuscht [1,2,3]: Der Unwille der syrischen Bevölkerung, für Freiheit und Demokratie einzutreten, wird dadurch erklärt, dass sich die Leute vor den Schergen des Diktators fürchten. „Die Zeit“ gibt indes zu bedenken: „Die Syrer haben beobachtet, wie das Nachbarland nach dem Sturz Saddam Husseins im Chaos versank. Sie fürchten, dass eine Schwächung der Zentralregierung auch in Syrien eine Welle der Gewalt zwischen den religiösen Gruppen auslösen könnte.“ Und „Al Jazeeras“ Urteil lautet gar: „Im Gegensatz zu Ägypten besteht kein Verlangen nach einem Regime-Change in Syrien. Der Präsident ist nicht so verhasst wie Mubarak, und er hat auch nicht den Kontakt zum Volk verloren. Der lokale Kontext ist sehr verschieden, und die Armutsrate ist signifikant niedriger als in Ägypten.“ [4] Letzteres bestätigt auch die „FAZ“: „Auch Kritiker Assads räumen ein, dass seit seinem Amtsantritt 2000 ein erfolgreicher Prozess wirtschaftlicher Öffnung stattgefunden hat. Die Arbeitslosigkeit ist seitdem schrittweise gesunken, offiziell lebt nur einer von zehn Syrern in Armut – verglichen mit vierzig Prozent in Ägypten, das zwischen 1958 und 1961 in einem kurzlebigen Staatenbund namens Vereinigter Arabischer Republik mit Syrien vereint war.“
In Syrien scheinen bestimmte Websites, wie z.B. Facebook, von 2007 bis zum 8. Februar 2011 blockiert gewesen zu sein, was jedoch leicht über Proxy-Server umgangen werden konnte. [5,6] Die Behauptung, die unter anderem in „Der Welt“ und „Der Zeit“ zu lesen ist, die Regierung habe am „Tag des Zorns“ das Internet abgestellt, ist wohl nicht zutreffend. In den Kommentaren zu besagtem „Zeit“-Artikel sagt ein Leser, der in Syrien lebt, das Internet habe den ganzen Tag über funktioniert, nicht einmal verlangsamt sei es gewesen. Die Internetplattform „Global Voices“ gibt Reaktionen von Twitter-Usern aus Syrien wieder, die sich entrüstet über die Behauptung beschweren, das Internet sei abgestellt gewesen. [7]
2. Hintergründe
In der syrischen Gesellschaft gibt es drei potenzielle Unruheherde.
1) Politisch-gesellschaftliche Reformen sind notwendig. Seit 1963 hat die Baath-Partei die alleinige Regierungsgewalt inne, ein Notstandsgesetz schränkt die Versammlungsfreiheit ein und gestattet Verhaftungen, wenn Sicherheitsbedenken vorliegen. Demonstrationen sind nicht praktisch nicht erlaubt.
2) Die Bevölkerung gehört großenteils der sunnitischen Glaubensrichtung an, während der Präsident einer alawitischen Familie entstammt und auch die Schlüsselpositionen in Regierung und Militär von Alawiten besetzt sind. Der Norden ist von Kurden besiedelt, von denen etwa dreihunderttausend aufgrund einer umstrittenen Volkszählung im Jahre 1962 die syrische Nationalangehörigkeit nicht zuerkannt wird. [8] Diese Situation wird in den Medien gerne zu einem religiös-ethnischen Konflikt hochstilisiert, hat in der Praxis jedoch wenig Relevanz. Der sunnitische Mittelstand unterstützt Präsident Assad, dessen Ehefrau selbst Sunnitin ist. Den fast auf dem gesamten syrischen Territorium anzutreffenden Stämmen wurde seit den siebziger Jahren ein gewisses Maß an Unabhängigkeit zugestanden, solange sie der Regierung gegenüber loyal blieben. Einige der Stammesältesten repräsentieren ihren Distrikt sogar im Parlament. [9] Sowohl die Regierung als auch die Opposition haben während des gegenwärtigen Syrienkonflikts versucht, die Stämme auf ihre Seite zu ziehen. Während einige Stämme der Regierung treu bleiben oder sich neutral verhalten, unterstützen andere die Rebellen, wobei in letzterem Falle die jüngere Generation die treibende Kraft zu sein scheint. Was die Kurden betrifft, so betont Omar Ossi, der Vorsitzende der „Nationalen Initiative für syrischen Kurden“ zu Beginn der Krise, dass die syrischen Kurden nationalistisch seien und keine separatistischen Absichten hegten. [10a] Interessant ist auch, dass die Drusen, von denen der Aufstand gegen das französische Mandat 1925 ausging, sich für Präsident Assads Regierung aussprechen und sich aus den Kampfhandlungen heraushalten. Religiöse Minderheiten wie Christen fühlen sich durch Assads säkulare Politik geschützt [10b,c]. Im Juli 2009 lud die Universität Heidelberg zu einem Kolloquium ein, bei dem Syrien als Musterbeispiel eines friedlichen Zusammenlebens verschiedener Konfessionen dargestellt wurde [10d]: „Der Vordere Orient wird in Europa als Konfliktregion wahrgenommen. Dagegen leben in Syrien, das im Westen gelegentlich zu den ‚Schurkenstaaten‘ gezählt wird, bereits seit langer Zeit eine Vielzahl von Völkern und Religionsgemeinschaften friedlich miteinander. Mit ‚Syrien – Heimat verschiedener Sprachen, Religionen und Kulturen‘ befasst sich jetzt ein Kolloquium im Internationalen Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg, das am 21. und 22. Juli stattfindet. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob das syrische Modell friedlicher Koexistenz ein Beispiel für andere Länder des Vorderen Orients sein kann. Unterstützt wird diese Tagung, die vom Seminar für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients veranstaltet wird, durch die Fritz-Thyssen-Stiftung. ‚In keinem anderen Land dieser Region leben so viele verschiedene Völker mit unterschiedlichen Religionen und Sprachen wie in Syrien‘, erklärt Prof. Dr. Werner Arnold, Inhaber des Heidelberger Lehrstuhls für Semitistik und Organisator des Kolloquiums: Araber, Westaramäer, die ostaramäischen Assyrer und Syrer, Armenier, Tscherkessen, Tschetschenen, griechisch sprechende Muslime aus Kreta, Dom, Kurden, Türken und Turkmenen. Gesprochen werden hauptsächlich semitische, aber auch indoeuropäische und Turksprachen. Zudem sind alle großen Religionsgemeinschaften – Islam, Christentum, Judentum – vertreten. Dass das Zusammenleben auf friedliche Weise funktioniert, liegt, so Werner Arnold, ’nicht zuletzt an der überkonfessionellen Doktrin der arabisch-nationalistischen Baath-Partei, die in der Hauptstadt Damaskus regiert‘.“
3) Die sunnitischen Bauern in den ländlichen Regionen, allen voran Daraa, wo die Demonstrationen dann auch ihren Anfang nehmen, sind hingegen unzufrieden. Der Grund hierfür ist nicht, dass sie darunter leiden würden, von einem Alawiten regiert zu werden. Daraas Bevölkerung gilt als loyal zum Regime. Vielmehr werden die Leute von einer vierjährigen Dürre geplagt, die ihre Ernten vernichtet. Die Regierung trägt an der schlechten Situation der Landbevölkerung nur insofern Schuld, als sie einige Landwirtschaftsreformen, insbesondere die Bewässerung betreffend, nicht erfolgreich hatte umsetzen können. [11a] „Die Bewaffnung begann in ländlichen Gegenden und in städtischen Arbeiterklasse-Gebieten. Dort war die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Männer Waffen besaßen; Männer, die eher den Mut – und das Gewaltpotential – besaßen, das erfordert ist, um gegen Sicherheitskräfte vorzugehen. Sie hatten mehr Sorgen und weniger zu verlieren als Aktivisten der Mittel- oder Oberklasse mit Universitätsabschluss“, sagte der Reporter Nir Rosen, der Ende 2011/Anfang 2012 mehrere Monate bei der syrischen Opposition verbracht hatte, in einem Interview mit „Al Jazeera“. [11b]
Von den drei genannten Punkten ist der dritte mit Abstand der gewichtigste.
3. Präsident Assads Reformpolitik
Bei seinem Amtsantritt wurden große Hoffnungen in den jungen Präsidenten gesetzt – insbesondere in der westlichen Welt –, der sein Medizinstudium teilweise in England absolviert hatte. Und in der Tat setzte er einige ökonomische und soziale Reformen um. Ankündigungen zur Aufhebung des Notstandsgesetzes und eine Änderung des Artikels 8 der Verfassung, welcher die Herrschaft des Staates der Baath-Partei unterstellt, wurden jedoch nicht verwirklicht.
2008 kommen Vertreter arabischer Regierungen, u. a. Syrien, zu einer von der EU geförderten Konferenz in Kairo zusammen, um Strategien zur Verbesserungen der Versammlungsfreiheit zu besprechen: „Konkret geht es bei dem auf drei Jahre angelegten Projekt, das vom Stiftungsbüro Amman koordiniert wird, um folgendes: In Ägypten, Jordanien, Libanon, Palästina und in Syrien sollen die nationalen Gesetze in Bezug auf die Vereinigungsfreiheit für politische Parteien, zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften liberalisiert und internationalen Standards angepasst werden.“ [12] Noch kurz vor Ausbruch der Krise betont der syrische Präsident gegenüber dem „Wall Street Journal“, dass Reformen in Planung seien. [13] Zur Situation in Syrien bemerkt er: „Ägypten ist von den Vereinigten Staaten unterstützt worden, während wir [Syrien] von den meisten Ländern unter Embargo gesetzt sind. Die Wirtschaft wächst trotzdem, aber vielen Grundbedürfnissen der Bevölkerung kann nicht nachgekommen werden. (…) Immer werden wir zur Eile angehalten – während man gleichzeitig ein Embargo über uns verhängt!“ Gemeint ist der „Syria Accountability and Lebanese Sovereignty Restoration Act“ von 2003, in welchem Syrien unter US-Sanktionen gestellt wurde. Gemäß der Sektion 311 des „Patriot Act“ wurden auch Sanktionen gegen die Syrische Kommerzbank erlassen. Assad hatte ursprünglich vorgehabt, Syrien für westliche Investoren zu öffnen – diese schreckten jedoch aufgrund der US-Sanktionen vor einer Zusammenarbeit mit Syrien zurück. Durch die Sanktionen ergaben sich große Probleme für den Finanzsektor und die Telekommunikation, mit deren Hilfe die Wirtschaft hätte globalisiert werden sollen. Syrien wurde unter der Bush-Administration offiziell auf die „Achse des Bösen“ gesetzt – die Wurzeln der Feindschaft reichen jedoch mehrere Jahrzehnte zurück. Aufgrund der panarabischen Ideologie der Baath-Partei sieht sich Syrien als Schutzmacht der Palästinenser und nimmt gegenüber den USA, welche einer der größten Unterstützer Israels ist, eine ablehnende Haltung ein. Hinzu kommt, dass die sozialistische Baath-Regierung im Kalten Krieg der Sowjetunion nahestand und auch in der heutigen Zeit einen prorussischen Standpunkt vertritt.
Präsident Assad selbst äußert sich zu seiner innenpolitischen Reformpolitik in seiner Rede vor dem Parlament am 30. März 2011 wiefolgt [15]: Seit 2010 werde an einer Aufhebung des Notstandsgesetzes und einer Änderung des Parteiengesetzes gearbeitet, welche Maßnahmen bereits 2005 auf dem Baath-Parteitag beschlossen worden seien. Der Grund, weshalb die Umsetzung derart schleppend vor sich ginge, liege in dem Umstand begründet, dass sich die Region – und damit auch Syrien als Teil dieser Region – seit dem Attentat auf das World Trade Center kontinuierlich Spannungen ausgesetzt sehe [2000: Zweite Intifada, 2001: Afghanistankrieg, 2003: Dritter Golfkrieg, 2005: Ermordung al-Hariris, 2006: Libanonkrieg (Beziehungen zu USA und Israel sind ab diesem Zeitpunkt äußert schlecht), 2008: Israels Operation „Gegossenes Blei“ gegen den Gaza-Streifen] und daher außenpolitische Belange sowie die Sicherung der Stabilität Syriens höhere Priorität genossen hätten als innenpolitische Reformen. Dies rechtfertige freilich die Verzögerungen nicht. Es sei jedoch betont, dass die Regierung nicht reformunwillig sei. Er wisse aufgrund persönlicher Kontakte, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung mit Fragen der Lebensqualität beschäftigt sei und die Aufhebung des Notstandsgesetzes erst an zweiter Stelle käme. Den Lebensstandard betreffende Fragen mussten also bislang in der Innenpolitik im Vordergrund stehen. In seinem Interview mit dem „Wall Street Journal“ führt der Präsident zudem aus, dass eine Reform mehr sei als eine Unterschrift auf einem Gesetzesentwurf: Es müssten erst die nötigen Einrichtungen aufgebaut werden, um sie umsetzen zu können.
4. Demonstrationen
Daraa ist eines von vierzehn Gouvernements in Syrien. Es liegt im Süden des Landes und grenzt direkt an Jordanien. In jedem Gouvernement residiert ein Gouverneur, der u. a. für die Verwaltung, die Gesundheitsversorgung und die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung zuständig ist. Recht und Ordnung in Daraa liegen in den Händen des Polizeichefs der Provinz, Atef Najib, eines Cousins Baschar al-Assads. Najib ist der Bevölkerung verhasst. Ende Februar 2011 lässt er eine Gruppe [16] Halbwüchsige (Durchschnittsalter circa 15) festnehmen, weil diese regierungskritische Sprüche wie „Nieder mit der Regierung“ und „Du bist an der Reihe, Doktor“ an die Schulwand geschmiert haben. [17a, 17b] Nach der Darstellung eines der Beteiligten, der drei Jahre später seine Geschichte der Presse erzählt, bestand seine Gang aus sieben Mitgliedern. Nur drei von ihnen wurden erwischt. Allerdings habe er während der an Folter grenzenden Befragungen willkürlich Namen von älteren Bekannten (der Sicherheitsdienst wollte einfach nicht glauben, dass keine Erwachsenen an der Aktion beteiligt waren und verdächtigte die Teenager der Mitgliedschaft der Muslimbrüder) angegeben, was in der Folge zu vierundzwanzig Verhaftungen führte [17b]. Weniger der dringliche Wunsch nach einem demokratischen Wandel habe sie zu ihrer Tat inspiriert, sagt der junge Mann im Interview, sondern ihnen sei einfach langweilig gewesen. Sie hätten sich an besagtem Nachmittag über die Proteste in Tunesien und Ägypten unterhalten und sich gedacht: „Wir machen auch was.“
Auf die Sicherheitskräfte, welchen es missfällt, dass sie auf öffentlichen Plätzen „rumhängen“, sind die Jugendlichen nicht gut zu sprechen. Besonderes Augenmerk verdient der Umstand, dass die Jungen den Augenarzt Baschar al-Assad verächtlich „den Doktor“ nennen. Hieraus lässt sich auf einen Klassenunterschied schließen. Die Jungen gehören nicht einer aufgeklärten Mittelschicht an, die sich nach demokratischer Beteiligung sehnt. Ihre Unzufriedenheit entspringt mehr einer generellen Perspektivlosigkeit: Während sie voraussichtlich ihr Dasein in einer trockenen ländlichen Gegend verbringen werden, studiert Assad in Europa und sitzt nun im schönen Damaskus. Sie hassen Baschar al-Assad nicht als Präsidenten oder Alawiten, sondern als Vertreter einer sozial privilegierten Klasse. Als die Eltern der Verhafteten bei Najib vorsprechen, erwidert dieser, sie sollten „ihre Söhne vergessen.“
Am 11. März berichtete Reuters unter Berufung auf die syrische staatliche Nachrichtenagentur SANA, dass syrische Sicherheitskräfte eine große Lieferung von Waffen und Sprengstoff abgefangen haben, die über die irakische Grenze ins Land gebracht werden sollte. Der Fahrer des Lastwagens gab an, dass die Waffen in Bagdad verladen worden seien und ihm eine Bezahlung von 5000 Dollar für den Transport über die syrische Grenze in Aussicht gestellt wurde. [17c] SANA veröffentlichte Bilder der Waffenlieferung, unter denen sich auch Nachtsichtgeräte befanden.
Ein weiterer „Tag des Zorns“ am 15. März 2011 kommt und geht wieder, unter nicht allzu großer Beteiligung. Einige Dutzende bis Hunderte (je nach Quelle) demonstrieren in Damaskus, Deir az-Zor und Halab und fordern u. a. die Freilassung von politischen Gefangenen.
Als Beginn der syrischen Krise kann der 18. März gesehen werden. In Daraa gehen Menschen auf die Straße, wobei die Zielscheibe im Wesentlichen Atef Najib ist: „’Als es anfing, könnte man sagen, dass es eine Revolution gegen Atef Najib war. Es gab noch viele andere Streitfragen, aber er war der Grund, aus dem die Leute auf die Straße gingen (…)‘, sagte ein Mitglied einer einflussreichen Familie in Daraa. ‚Es wurde eine Revolution gegen Baschar, aber ganz zu Beginn wollten sie einfach nur Najib loshaben, jeder hasste ihn.’“ [18]
Freilich finden sich unter den Demonstranten auch solche, die sich für Wahlen, das Ende des Notstandsgesetzes, eine Änderung des Parteiengesetzes (Artikel 8 der Verfassung), Maßnahmen gegen Korruption usw. einsetzen. Interessanterweise wird berichtet, dass von Beginn an Parolen wie „Christen nach Beirut, Alawiten in den Sarg“ auf Demonstrationen zu hören gewesen seien – ein Zeichen dafür, dass die Demonstrationen von Anfang an von extremistischen Gruppierungen unterwandert waren. „Der Spiegel“ schreibt am 6. April, dass Islamisten in den letzten Wochen – mit anderen Worten: von Anfang an – an den Kundgebungen teilgenommen hätten. [19]
Die Polizei, die wie gesagt unter Najibs Kommando steht, schießt auf die Demonstranten, vier sterben, viele (die meisten Quellen nennen die runde Zahl hundert) werden verletzt. Was mag die Polizisten zu ihrer Tat veranlasst haben? Gerieten sie in Panik, oder hatten sie Anweisung von Najib, das Feuer zu eröffnen? Waren diese Männer einfach nur Sadisten, oder sahen sie sich irgendeiner Form von Bedrohung ausgesetzt? Das kann niemand mit Gewissheit sagen. Vermutlich war es das Werk verrohter Provinzpolizisten, die in ihrem Leben noch keine Demonstration gesehen haben und mit der Situation
vollkommen überfordert waren.
An den folgenden zwei Tagen sammeln sich anlässlich der Beerdigung der Opfer weitere Demonstranten, es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Am Sonntag (20. März) entlässt der Präsident den Gouverneur von Daraa, weil dieser „krasse Fehler im Umgang mit den Protesten in der Region“ begangen habe. Behördenvertreter besuchen die Angehörigen der getöteten Demonstranten und stellen eine Bestrafung der Verantwortlichen für die Anwendung von „unverhältnismäßiger und tödlicher Gewalt“ in Aussicht. Zudem werden die inhaftierten jugendlichen Graffitisyprayer freigelassen [20]. Am gleichen Tag zünden die Demonstranten in Daraa mehrere öffentliche Gebäude wie den Justizpalast, den Sitz des Gouverneurs, das Hauptquartier der Baath-Partei sowie Filialen des privaten Mobilfunkanbieters SyriaTel, welcher einem Cousin Präsident Assads, Rami Machluf, gehört, an [21a]. SANA berichtet, dass Agitatoren zudem öffentliche Krankenhäuser angegriffen und auf Polizisten geschossen haben [21b].
Am 23. März kommen mehrere Demonstranten vor der al-Omari-Moschee (Daraa-Stadt) ums Leben, als Sicherheitskräfte das Gebäude stürmen. Während die Regierungsgegner den Vorfall als Attacke auf friedliche Demonstranten darstellen, spricht die Regierung von einer Auseinandersetzung mit einer bewaffneten Bande. [22] Laut Regierung hat sich Folgendes zugetragen: Eine „bewaffnete Gruppe“ eröffnete das Feuer auf einen Krankenwagen, der die al-Omari-Moschee passierte. Dabei wurden ein Arzt, ein Sanitäter und der Fahrer getötet. Sicherheitskräfte, welche sich in der Nähe befanden, griffen
daraufhin die Bewaffneten an, dabei kam ein Polizist ums Leben. Als die Sicherheitskräfte in die Moschee eindrangen, fanden sie dort verschiedene Waffen (u. a. Handgranaten, Maschinenpistolen und Kalaschnikows), Munition und Geldbündel vor, die die Gang dort gelagert hatte. Das syrische Fernsehen zeigte Bilder der Waffen. [23] Desweiteren heißt es, Schützen hätten sich auf den umliegenden Dächern verschanzt und feuerten auf die Zivilbevölkerung. Reporter in Daraa erhielten Todesdrohungen per SMS aus dem Ausland und würden nun um den Schutz der Sicherheitskräfte bitten.
Assad kündigt unterdessen Reformen an, insbesondere die Aufhebung des Notstandsgesetzes und des Parteiengesetzes, und stellt Lohnerhöhungen in Aussicht. [24] Weder die Opposition noch die westlichen Medien trauen dem Angebot, doch der syrische Präsident setzt seine Versprechen im Eiltempo um: Am 7. April erlässt er ein Dekret, das einem Teil der staatenlosen Kurden die Staatsbürgerschaft zuerkennt [25], und bereits am 21. April wird das Notstandsgesetz aufgehoben, Demonstrationen werden gesetzlich erlaubt und das Staatssicherheitsgericht abgeschafft. [26] (Die Verfassungsänderung, die ein Mehrparteiensystem zulässt, erfolgt indes erst 2012). Trotz der Zugeständnisse beharrt der Präsident weiter darauf, dass die Aufstände von außen provoziert würden und keine wirkliche Kluft zwischen dem Volk und der Regierung bestehe. [27] Hier ein Auszug aus seiner Rede vom 30. März vor dem Parlament: „ (…) Es wurden also drei Elemente miteinander vermischt: Aufwiegelung, Reformen und tägliche Bedürfnisse. Die meisten Syrer wollen eine Reform. Die meisten Syrer haben Bedürfnisse, auf die nicht eingegangen wird; und wir alle [gemeint ist Regierung, Parlament, etc.] diskutieren, kritisieren und haben unsere Meinungsverschiedenheiten, weil wir es nicht geschafft haben, auf viele dieser Bedürfnisse einzugehen. Aufwiegelung wurde jedoch Teil des Problems und bekam die Oberhand über die anderen beiden Faktoren [Reformen und tägliche Bedürfnisse – mit anderen Worten: die realen Missstände]. Deshalb ist es einfach, viele der Menschen in die Irre zu führen, die am Anfang mit guten Vorsätzen demonstriert haben. Man kann nicht sagen, alle diese Menschen, die da demonstrieren, seien Teil der Verschwörung. Das entspräche nicht der Wahrheit, und ich will den Sachverhalt klar und realistisch darstellen.
Die Verschwörer sind nur wenige, und das ist auch natürlich. Selbst wir hier in der Regierung verstanden – wie alle anderen auch – die Vorgänge nicht, bis Anzeichen von Sabotage auftraten. Die Dinge wurden klarer. Was ist der Zusammenhang zwischen Reformen und Sabotage? Was ist die Verbindung zwischen Reformen und Mord? Einige Fernsehstationen sprachen über den Angriff gewisser Gebäude eine Stunde vor der wirklichen Attacke. Woher wussten sie das? Können sie etwa hellsehen? Und dergleichen ist mehr als einmal vorgekommen. Sie werden sagen, dass wir an eine Verschwörungstheorie glauben. In Wirklichkeit gibt es keine Verschwörungstheorie. Es handelt sich tatsächlich um eine Verschwörung.“ [28]
Im Folgenden führt er seine „Verschwörungstheorie“ näher aus: „Viele Leute haben mir geraten, keine Details zu nennen und mich an Allgemeinheiten zu halten, aber ich werde diese Einzelheiten dennoch ausführen, um den Sachverhalt vollkommen transparent zu machen.
Alles begann mit Aufhetzungen, viele Wochen bevor die Krise in Syrien ihren Anfang nahm. Sie verwendeten Satelliten-Fernsehstationen und das Internet, konnten aber nichts erreichen. Dann wurden gefälschte Informationen produziert, Tonaufnahmen, Bilder, etc. Später wurde von den Spannungen zwischen den Sekten Gebrauch gemacht. Es wurden SMS an Mitglieder einer bestimmten Sekte geschickt, in denen behauptet wurde, eine andere Sekte versuche, sie anzugreifen. Um glaubwürdig zu sein, wurden maskierte Männer in Nachbarschaften, in denen die verschiedenen Sekten zusammenlebten, geschickt. Beiden Parteien wurde gesagt, die jeweils andere habe bereits zugeschlagen und befinde sich auf der Straße, um so eine Reaktion zu provozieren. Für eine Weile ging der Plan auf, bis es uns gelang, die Situation zu klären, indem wir die Vorstände der Gemeinden dazu brachten, sich miteinander zu unterhalten.
In der nächsten Stufe kamen Waffen zum Einsatz; es wurde willkürlich auf Menschen geschossen. Denn wenn erst einmal Blut fließt, wird es äußerst schwierig, das Problem zu lösen.
Uns ist es noch nicht gelungen, das volle Ausmaß der Verschwörung zu erfassen, da diese höchst kompliziert strukturiert ist. Es gibt Unterstützergruppen in mehr als einem Gouvernement, die mit einigen Staaten im Ausland in Verbindung stehen. Sie benutzen Mediengruppen, Gruppen, die sich mit Falsifizierungen beschäftigen und Gruppen von ‚Augenzeugen‘. (…) Bekanntlich haben einige Leute ein sehr kurzes Gedächtnis – ich weiß, dass sie in ihren Studios schon in den Startlöchern sitzen, um ihre Kommentare abzugeben. Daher will ich ihr Gedächtnis an dieser Stelle noch einmal auffrischen, indem ich wiederhole, dass ich mitnichten behaupte, dass alles, was passiert, Teil einer Verschwörung ist.“
Am 25. März wird das Armee-Hauptquartier in al-Sanamin (50 km südlich von Damaskus) von Bewaffneten angegriffen. Mehrere der Angreifer lassen dabei ihr Leben. [29]
In Latakia werden fünf bis sieben Menschen von Scharfschützen, die sich auf Dächern positioniert haben, erschossen. Die Regimegegner vermuten Sicherheitskräfte hinter dem Anschlag – die Regierung bestreitet, dass die Schützen aus ihren Reihen stammen. [30a] Übers Wochende nimmt die Zahl der Toten stetig zu; der britische „Telegraph“ spricht davon, dass an der Gewalt auch die alawitische as-Shabiha-Miliz beteiligt sei, die dem Assad-Clan loyal ist [30b].
Am 29. März tritt das Kabinett des Ministerpräsidenten zurück. Es finden sich Zehntausende – die syrischen Nachrichten sprechen gar von ein bis zwei Größenordnungen mehr – in Damaskus ein, um für den Präsidenten zu demonstrieren. In anderen Städten finden ähnliche Kundgebungen statt.Westliche Nachrichtenagenturen berichten, syrische Gewerkschaftsmitglieder hätten ihnen gegenüber angegeben, dazu angehalten worden zu sein, zur Pro-Assad-Demonstration zu erscheinen. [31a] Der Orientexperte der Universität Mainz, Prof. Günter Meyer, meint hierzu: „Zwar wurde der ländliche Raum, wo die Rebellion begonnen hat, in den letzten Jahren vernachlässigt, und eine Dürre verschärfte die Situation noch, aber gleichzeitig hat die Bevölkerung in den größten Städten Damaskus und Aleppo erheblich von den wirtschaftlichen Reformen des Regimes profitiert. Dort hat Assad den stärksten Rückhalt. Wenn also in Damaskus zwei Millionen Menschen für ihn auf die Straße gehen und von den westlichen Medien als bezahlte Jubler dargestellt werden, ist das falsch.“ [31b]
Anlässlich ähnlich großen Pro-Assad Demonstrationen im Oktober sagt der amerikanische Journalist Nir Rosen zu Al Jazeera: „Auch wenn uns der Gedanke nicht gefällt, so haben autoritäre Regime doch manchmal die Unterstützung des Volks. Unter allen arabischen Staaten hat sicherlich das syrische Regime die größte Basis an Unterstützern aus dem Volk, und ein Großteil des Landes unterstützt ihn [Assad] immer noch. Nicht nur die alawitische Gemeinschaft und die der Christen unterstützt Präsident Assad, sondern auch die sunnitische Bourgeoisie in Damaskus und Aleppo. Vielleicht fürchten sie das Unbekannte, oder den Bürgerkrieg, oder vielleicht glauben sie aufrichtig daran, dass Assad Gutes für das Land getan hat.“ [32]
Unter Berufung auf eine amtliche Quelle berichtet SANA am 1. April, Sniper hätten in Duma (einem Vorort von Damaskus) sowie Homs gleichermaßen auf Bürger und Sicherheitskräfte geschossen. [33] Eine Gruppe Bewaffneter sei festgenommen worden, als sie versuchte, eine Apotheke in Duma auszurauben. Dabei hätten die Männer auch das Feuer auf Zivilisten eröffnet, welche versuchten, die Sicherheitskräfte bei der Festnahme der Bewaffneten zu unterstützen. [34a] Aus Sicht westlicher Medien, die sich auf Augenzeugen und Aktivisten berufen, hätten Demonstranten friedlich für bürgerliche Freiheiten demonstriert, woraufhin die Sicherheitskräfte grundlos auf sie geschossen hätten.
Um die Islamisten unter den Demonstranten zu besänftigen, lässt Assad am 6.April im Staatsfernsehen melden, dass alle im Bildungssektor angestellten Frauen, die wegen Tragens eines Gesichtsschleiers in den Innendienst versetzt worden waren, ihre Dozententätigkeit wieder aufnehmen können [34b]. In einem Versuch, Staat und Kirche so gut es geht zu trennen, hatte der Präsident 2010 das Tragen des „Niqab“ allen Frauen, die im Bildungssektor tätig sind, verboten. Die Süddeutsche Zeitung schrieb dazu: „Die Debatte um den Niqab, der das Gesicht bis auf die Augen verhüllt und den Körper mit einem weiten Gewand bedeckt [Anmerkung: Der Niqab ist ein Gesichtsschleier, und bedeckt nicht, wie der Journalist behauptet, den ganzen Körper. Allerdings wird er oft in Verbindung mit einem „Tschador“ getragen, wodurch sich faktisch der Effekt einer „Burka“ (Vollverschleierung) ergibt], irritiert die arabischen Gesellschaften. Jetzt hat sie auch das als säkular gerühmte Syrien erreicht: Die Regierung hat den Vollschleier an Schulen und Hochschulen verboten. ‚Wir haben den Universitäten angeordnet, dass Frauen mit Niqab nicht aufgenommen werden dürfen‘, so ein Offizieller [34c].“
Am 8. April eröffnen laut syrischer Medien Bewaffnete das Feuer sowohl auf Bürger als auch auf Sicherheitskräfte in Daraa. [35] Die Quelle aus dem Innenministerium, auf die sich „Tishreen“ (staatlich syrische Zeitung) beruft, sagt, die Polizisten seien unbewaffnet gewesen, da eine strikte Anweisung allen Sicherheitskräften, die ihren Dienst in der Nähe größerer Menschenmengen absolvieren, das Tragen von Schusswaffen verbiete. Zuvor hatte das syrische Fernsehen Filmmaterial gezeigt, auf dem zu sehen war, wie Sniper auf Bürger und Polizisten schießen. Ein Mitglied der Sicherheitskräfte, Samer Wassouf, der von einer Kugel in den Fuß getroffen wurde, sagt, dass Bewaffnete die Polizeistation von Talldaw angegriffen hätten, dabei nach dem Zufallsprinzip auf Polizisten und das Gebäude schießend. Dass in der Tat auch die Sicherheitskräfte ins Visier der Sniper genommen werden, bestreitet auch die Opposition nicht, wie aus einem „Al Jazeera“-Bericht Ende des Monats hervorgeht. [36] Ihrer Auslegung nach gehörten diese Sniper aber den syrischen Sicherheitskräften an, welche absichtlich auf ihre eigenen Kollegen feuern würden.
„Der Spiegel“, den ich ab sofort als Repräsentanten der deutschsprachigen/westlichen Medien heranziehen werde – die Berichte in verschiedenen großen Zeitungen unterscheiden sich bisweilen nur in der Satzstellung – schreibt über dasselbe Ereignis unter Berufung auf Augenzeugen, dass 22 Menschen getötet worden seien, als die Sicherheitskräfte grundlos das Feuer auf eine Menge von 4000 Demonstranten eröffneten. [37]
Am 11. April geraten Sicherheitskräfte auf dem Highway, welcher Latakia und Tartus verbindet, nahe Banyas in einen Hinterhalt. Neun Soldaten sterben, darunter zwei hochrangige Offiziere. Dutzende werden verletzt. [38] „Der Spiegel“ berichtet unter Berufung auf Augenzeugen und einen anonymen Aktivisten, dass Sicherheitskräfte in Form von Straßenblockaden Banyas abriegeln. Soldaten seien mit Jeeps angerückt und Panzer hätten vor der Küstenstadt Stellung bezogen. [39]
Mit einem solchen Aufgebot gegen unbewaffnete Demonstranten vorzugehen, ist ein in militärischer Hinsicht höchst bemerkenswerter Schachzug und höchstwahrscheinlich in der Geschichte beispiellos.
Am 14. April nimmt die libanesische Grenzpolizei zwei Männer fest, einen Syrer und einen Libanesen, die nach Syrien einreisen wollten. In den jeweiligen Fahrzeugen der Männer finden sich Kalaschnikows, halbautomatische Waffen und einige Bomben. [40]
In Homs wird am 17. April Brigadegeneral Khodr Tellawi, ein Angehöriger der alawitischen Glaubensrichtung, zusammen mit seinen zwei halbwüchsigen Söhnen und einem Neffen, getötet. Der General, der zum Tatzeitpunkt nicht im Dienst war, sowie die Söhne und Neffen wurden aus dem Auto gezerrt, getötet und verstümmelt. Während die Regierung die Tat bewaffneten Rebellen zuschreibt, hat die Opposition eine einleuchtende Erklärung parat: Der syrische Geheimdienst habe die vier exekutiert, da sie Anzeichen von Sympathien mit den Protestierenden zeigten. [41]
Am selben Tag wird ein Lastwagen an der irakischen Grenze aufgehalten. [42] Es werden Waffen gefunden, darunter automatische Schusswaffen, Scharfschützengewehre, Nachtsichtgeräte, Granatenwerfer und große Mengen verschiedenster Munition. In der letzten Zeit seien mehrere derartiger Waffenlieferungen abgefangen worden, sagt der Leiter der syrischen Zollstation Mustafa al-Bikai.
Der Fahrer des Lastwagens, ein Iraker namens Hussein Karim Jabbar behauptete im syrischen Fernsehen, pro Fahrt eine Bezahlung von 20.000 Dollar zu erhalten.
Die „Washington Post“ berichtet am selben Tag von einer von Wikileaks veröffentlichten US-Depesche, der zufolge die USA syrische Oppositionsgruppen und andere gegen die syrische Regierung gerichtete Projekte mit mindestens sechs Millionen US-Dollar unterstützt haben. [43a] Die Zahlungen begannen 2005 unter der Bush-Administration und wurden bis mindestens Ende September 2010 fortgesetzt. Der in London ansässige Fernsehsender BaradaTV, der Anti-Regime-Sendungen nach Syrien ausstrahlt, soll davon besonders profitiert haben. Der Sender habe enge Verbindungen zu einem Netzwerk aus in London lebenden Exilsyrern, der „Bewegung für Gerechtigkeit und Entwicklung“, die an einem Regime-Change in Syrien arbeiten. Deren Führer werden von den US-Depeschen als „moderate, liberale Islamisten“ beschrieben. Sie sind ehemalige Mitglieder der Muslimbruderschaft und setzen sich offen für den Sturz des syrischen Präsidenten ein.
Die Finanzierung der „Bewegung für Gerechtigkeit und Entwicklung“ durch das US State Departement läuft über eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in Los Angeles, die den klangvollen Namen „Democracy Council“ trägt. Wie aus den US-Depeschen hervorgeht, zeigen sich US-Diplomaten ab 2009 zunehmend besorgt, dass der syrische Geheimdienst dem Ganzen auf die Schliche gekommen sei. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch eine Passage aus Peter Scholl Latours Buch „Der Fluch der bösen Tat“ [43b]. Scholl-Latour beschreibt die Begegnung mit einem Offizier der Rebellengruppe „Freie Syrische Armee“, der vordem als Major in der syrischen Armee gedient hatte: „Er [gemeint ist besagter Major] könne jedoch bezeugen, daß der Aufruhr von Deraa nicht ganz spontan ausgebrochen sei. Er selbst wurde bereits ein Jahr zuvor [als er noch bei der Regierungsarmee diente] von jordanischen und getarnten amerikanischen Agenten kontaktiert. Unter Zusicherung finanzieller Vorteile wollten sie ihn dazu ermutigen, sich einer umstürzlerischen ‘Freien Syrischen Armee’ anzuschließen. Die Strukturen dieser Truppe wären auf jordanischem Boden bereitgestellt. Dank massiver Finanzierung durch Saudi-Arabien und das Emirat Qatar, aber auch unter der Regie der CIA habe die Aufrüstung der Rebellen mit modernem Kriegsgerät stattgefunden.“ Der Major geht übrigens zu diesem Zeitpunkt nicht auf das Angebot ein. Er tritt der FSA erst später bei, als sein Bruder unter der Anklage, Beziehungen zur Muslimbruderschaft zu unterhalten, vom syrischen Geheimdienst verhaftet wird. Der ehemalige französische Außenminister Roland Dumas berichtete in einem Fernseh-Interview [43c,43d], dass Großbritannien bereits seit 2009 eine verdeckte Mission in Syrien plante: „Zwei Jahre vor den Gewaltausbrüchen in Syrien war ich aus Geschäftsgründen in England. Ich traf mich mit hohen britischen Regierungsvertretern, die mir gestanden, dass sie etwas in Syrien vorbereiteten. Wohlgemerkt, das war in Großbritannien, nicht Amerika. Großbritannien bereitete bewaffnete Kämpfer darauf vor, in Syrien einzumarschieren.“
Vor diesem Hintergrund wird etwas verständlicher, weshalb Baschar al-Assad sich nicht allzu sehr beeilt hat, den Polizeiapparat seines Vaters abzubauen – die Beziehungen zwischen Washington und Damaskus sind seit längerem angespannt, mit einem Tiefpunkt im Jahr 2005. Um das Verhältnis zu Israel steht es sogar noch schlimmer.
Am 19. April stimmt das Kabinett einem Gesetzesentwurf zur Aufhebung des Notstandsgesetzes sowie der Staatssicherheitsgerichte zu, Demonstrationen werden erlaubt. Paradoxerweise unterdrücken die Sicherheitskräfte laut Augenzeugenberichten die Demonstranten mit unverminderter Gewalt. [44] Die Demonstrationen gehen weiter, obwohl der Präsident auf alle Forderungen eingegangen ist und an einer Verfassungsänderung arbeitet, die ein Mehrparteiensystem einführen soll.
Am 21. April setzt der Präsident seine Unterschrift unter den Gesetzesentwurf. Nun sind die Reformen offiziell.
Einen Tag später werden siebzig Menschen in Syrien getötet, wie Menschenrechtsaktivisten berichten. In Asraa eröffnen Sniper von Dächern aus das Feuer auf Zivilisten, achtzehn Menschen sterben. [45]
Weitere vier Tage vergehen – wir schreiben den 25. April – und schon rückt die Armee mit Panzern und 3000 Mann gegen Daraa-Stadt vor, melden Aktivisten ausländischen Nachrichtenagenturen. [46] Nach dem Eintreffen der Sicherheitskräfte seien umgehend heftige Schusswechsel zu hören gewesen. Da zu einem Schusswechsel immer zwei Parteien benötigt werden, darf der Schluss gewagt werden, dass zumindest einige der unbewaffneten Demonstranten bewaffnet gewesen sind. In Nawa richten Einwohner aus Furcht vor der Armee – die wohlgemerkt eine Volksarmee und keine Söldnerarmee ist
– Straßensperren ein. Manche von ihnen seien bewaffnet, sagen die Aktivisten. Woher sie die Waffen haben, erläutern die Informanten leider nicht. Vielleicht stammen besagte Waffen ja von Überläufern aus der Armee, die es nicht mehr übers Herz bringen konnten, auf die eigene Bevölkerung zu schießen. Vielleicht kamen sie aber auch über die jordanische Grenze ins Land – das Gouvernement Daraa grenzt direkt an Jordanien –, wodurch auch der Umstand, dass besagte Grenze im Rahmen des Einsatzes der syrischen Armee gesperrt wurde, eine natürliche Erklärung fände. Und auch die Maßnahme der
Regierung, Panzer und ein beachtliches Aufgebot an Soldaten einzusetzen, wirkt vor diesem Hintergrund weniger befremdlich. “Jeden Tag gibt die Opposition eine Opferzahl an”, sagte Nir Rosen in einem Al-Jazeera-Interview, „in der Regel ohne Angabe der Todesursache. Viele der Getöteten sind in Wirklichkeit tote Oppositionskämpfer, aber der Grund ihres Todes wird geheim gehalten, und sie werden in Berichten als unschuldige Zivilisten beschrieben, die durch die Sicherheitskräfte getötet wurden, so als hätten sie lediglich demonstriert oder wären friedlich in ihren Häusern gesessen. Natürlich kommt so etwas auch wirklich regelmäßig vor. Und täglich werden auch Mitglieder der syrischen Armee, der Sicherheitskräfte und der „Shabiha“ von Rebellen getötet.“ [47]
Dieses und andere Themen werden ausführlich in meinem Buch „Das Echo der Straße – Eine Analyse der Wurzeln des Syrienkonflikts“, welches unter meinem Mädchennamen Janine Scherer erschienen ist, behandelt.
Anmerkung: Vor kurzem habe ich eine Übersetzung dieses Artikels ins Englische auf meine Webseite gestellt.
Quellen:
[1] „’Tag des Zorns‘ scheitert in Syrien am Regime“ (Die Welt): http://www.welt.de/politik/ausland/article12449794/Tag-des-
Zorns-scheitert-in-Syrien-am-Regime.html
[2] „’Tag des Zorns‘ in Syrien“ (FAZ): http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aufruhr-in-der-arabischen-welttag-
des-zorns-in-syrien-1596760.html
[3] „’Tag des Zorns‘ in Syrien fällt aus“ (Die Zeit): http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-02/syrien-protest-assad/seite-1
[4] „Calls for weekend protests in Syria“ (Al Jazeera):
http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2011/02/201122171649677912.html
[5] „Syria blocks Facebook in Internet-crackdown“: http://www.reuters.com/article/2007/11/23/us-syria-facebook-idUSOWE37285020071123
Anmerkung: Reuters bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Angaben von „Facebook-Nutzern“.
[6] „Facebook and Youtube in Syria unblocked today”: http://thenextweb.com/me/2011/02/08/facebook-and-youtube-to-be-unblocked-in-syria-today/
[7] „Syrien: Leere am ‚Tag der Wut’” (GlobalVoices): http://de.globalvoicesonline.org/2011/02/06/syrien-leere-am-tag-der-wut/
[8] Anmerkung: Die damalige Regierung rechtfertigte dies damit, dass besagte Kurden illegal aus der Türkei und dem Irak nach Syrien gekommen und damit keine syrischen Staatsbürger seien. Ungefähr 120.000 Kurden wurde die syrische Staatsbürgerschaft aberkannt
[9] „Tribalism and the Syrian Crisis” (Al Monitor): http://www.al-monitor.com/pulse/culture/2013/01/tribalism-clans-syria.html#
[10a] „Head of Syrian-Kurdish Initiative: western hostile departments try to imitate chaos, Daraa citizens reject acts of
troublemakers” (IMRA mit Verweis auf SANA): http://www.imra.org.il/story.php3?id=51474
[10b] „Christen in Syrien: ‚Mit Assad leben wir besser'“ (tagesschau): https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-christen-ostern100.html
[10c]: „Syrischer Patriarch kritisiert Deutschlands Flüchtlingspolitik“ (FAZ): http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/syrischer-patriarch-kritisiert-deutschlands-fluechtlingspolitik-13893521.html
[10d] „Das syrische Modell friedlicher Koexistenz: Muslime, Christen, Juden“ (Universität Heidelberg): https://www.uni-heidelberg.de/presse/news09/pm290710-2syr.html
[11a] „Sowing the Seeds of Dissent: Economic Grievances and the Syrian Social Contract’s Unraveling” (jadaliyya)
http://www.jadaliyya.com/pages/index/4383/sowing-the-seeds-of-dissent_economic-grievances-an
[11b] „Q&A: Nir Rosen on Syria’s armed opposition” (Al Jazeera): http://www.aljazeera.com/indepth/features/2012/02/201221315020166516.html
[12] „Kairo: Arabische Konferenz verlangt Versammlungsfreiheit“: http://www.thomas-dehler-stiftung.de/Aktuelles-International/617c2422i1p/index.html
[13] „Interview with Syrian President Bashar al-Assad“ (Wall Street Journal):
http://www.wsj.com/articles/SB10001424052748703833204576114712441122894
[14] „Reformen in Syrien ‚unbedingt erforderlich’“ (Deutschlandradio Kultur): http://www.deutschlandradiokultur.de/reformenin-syrien-unbedingt-erforderlich.1008.de.html?dram:article_id=163907
[15] „President Bashar al-Assads Speech to the People’s Assembly, March 30th, 2011”:
http://www.presidentassad.net/index.php?option=com_content&view=article&id=305:president-bashar-al-assad-s-a-speechat-the-people-s-assembly-march-30-2011&catid=117&Itemid=496
Anmerkung: Vollständige Rede ab der zweiten Hälfte des Artikels
[16] Die Anzahl variiert je nach Quelle von drei bis zwanzig. Da sich meine Darstellung jedoch auf die Aussagen eines der Beteiligen beruft, gehe ich davon aus, dass sie die korrekte ist.Überhaupt darf man sich auf Zahlen nicht verlassen: Nicht
einmal die Einwohnerzahl von Daraa-Stadt kann korrekt wiedergegeben werden. Bisweilen liest man in westlichen Medien,
bis zu 300.000 Menschen lebten dort, während 80.000 – 100.000 dem wahren Wert näher kommt. Aus hundert Demonstranten werden tausend, aus tausend zehntausend, aus zehntausenden eine Million. Wenn es dann erst ans Zählen von Toten und Verletzten geht, ist vollständiges Chaos angesagt.
[17a] „Der Bürgerkrieg in Syrien begann mit diesem Jungen“ (Die Welt): http://www.welt.de/politik/ausland/article119580585/Der-Buergerkrieg-in-Syrien-begann-mit-diesem-Jungen.html
[17b] Aufschlussreicher ist die englischsprachige Quelle, die im Gegensatz zur deutschsprachigen auch angibt, dass die Gruppe aus sieben Jugendlichen bestanden hat, von denen nur drei erwischt wurden: “Revealed: The boy prankster who triggered Syria’s bloody genocide with slogans sprayed in his schoolyard”: http://www.dailymail.co.uk/news/article-2315888/Revealed-The-boy-prankster-triggered-Syrias-bloody-genocide-slogans-sprayed-schoolyard.html
[17c] “Syria says seizes weapons smuggled from Iraq” (Reuters): http://www.reuters.com/article/us-syria-iraq-idUSTRE72A3MI20110311
[18] „The man who ignited the Syrian revolution“ (The National): http://www.thenational.ae/world/syria/the-man-who-ignited-the-syrian-revolution
[19] „Proteste in Syrien: Assad buhlt um Islamisten“ (Der Spiegel): http://www.spiegel.de/politik/ausland/proteste-in-syrien-assad-buhlt-um-islamisten-a-755495.html
[20] Aufstand in Syrien: Assad entlässt Gouverneur der Unruheprovinz (Der Spiegel):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/aufstand-in-syrien-assad-entlaesst-gouverneur-der-unruheprovinz-a-752116.html
[21a] „Das syrische Regime lässt auf Demonstranten feuern“ (Die Zeit): http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-03/syrien-unruhen
Anmerkung: Man beachte, wie der Zeit-Autor ganz im Geiste der Gleichberechtigung der Geschlechter von „Schülerinnen
und Schülern“ schreibt.
[21b] „Officers Fire on Crowd, as Syrian Protests Grow“ (New York Times): http://www.nytimes.com/2011/03/21/world/middleeast/21syria.html?_r=1
[22] „Proteste in Syrien: Polizei schießt erneut auf Demonstranten“ (Der Spiegel):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/proteste-in-daraa-polizei-schiesst-erneut-auf-demonstranten-in-syrien-a-752837.html
[23] „Official source: Armed Gang Attacks Medical Team in Daraa, Killing Doctor, Paramedic, Driver, Security Member”
(Tishreen): http://tishreen.news.sy/tishreen/public/read/224540
[24] „Reformversprechen: Blutige Unruhen bringen Assad in Defensive“ (Der Spiegel):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/reformversprechen-blutige-unruhen-bringen-assad-in-die-defensive-a-753037.html
[25] „Unruhen in Arabien: Mann in Jordanien zündet sich selbst an“ (Der Spiegel):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/unruhen-in-arabien-mann-in-jordanien-zuendet-sich-selbst-an-a-755762.html
[26] „Syriens Regierung hebt Notstandsgesetze auf“ (Die Zeit): http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-04/proteste-syrien-notstandsgesetz
[27] „Syriens Assad: ‚Wer die Schlacht haben will, kann sie haben.’“ (Der Spiegel):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/syriens-assad-wer-die-schlacht-haben-will-kann-sie-haben-a-754119.html
[28] „President Bashar al-Assads Speech to the People’s Assembly, March 30th, 2011”:
http://www.presidentassad.net/index.php?option=com_content&view=article&id=305:president-bashar-al-assad-s-a-speechat-the-people-s-assembly-march-30-2011&catid=117&Itemid=496
Anmerkung: Vollständige Rede ab der zweiten Hälfte des Artikels
[29] „Armed Gang Attacks People`s Army Headquarter, Several Attackers killed” (Tishreen):
http://tishreen.news.sy/tishreen/public/read/224720
[30a] „Syrien: Tote bei Protesten gegen die Regierung” (Der Spiegel): http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-tote-beiprotesten-gegen-regierung-a-753393.html
[30b] „Syria: Feared militias kill up to 21 people as protests continue“ (The Telegraph): http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/middleeast/syria/8409870/Syria-feared-militia-kills-up-to-21-people-as-protests-continue.html
[31a] „Massenproteste in Syrien: Assad wechselt seine Regierung aus“ (Der Spiegel):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/massenproteste-in-syrien-assad-wechselt-seine-regierung-aus-a-753852.html
[31b] „So eine Form von Desinformation habe ich noch nie erlebt“ (Magazin Uni Mainz): http://www.magazin.uni-mainz.de/544_DEU_HTML.php
[32] „Thousands rally in support of Syria’s Assad” (Al Jazeera):
http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2011/10/20111012103639234331.html
[33] „Syrien: Mehrere Tote am Tag der Märtyrer“ (Der Spiegel): http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-mehrere-tote-amtag-der-maertyrer-a-754625.html
[34a] „Security Authorities Arrest Two Armed Gangs Firing at Citizens in Damascus Countryside” (Tishreen):
http://tishreen.news.sy/tishreen/public/read/225259
[34b] „Proteste in Syrien: Assad buhlt um Islamisten“ (Der Spiegel): http://www.spiegel.de/politik/ausland/proteste-in-syrien-assad-buhlt-um-islamisten-a-755495.html
[34c] „Als der Schleier fiel“ (Süddeutsche Zeitung): http://www.sueddeutsche.de/kultur/syrien-verbot-des-niqab-als-der-schleier-fiel-1.977595
[35] „Official Source: Armed Groups Shoot Citizens, Policemen in Daraa, Claim Scores of Lives” (Tishreen):
http://tishreen.news.sy/tishreen/public/read/225994
[36] „Deraa: A city under a dark siege“ (Al Jazeera):
http://www.aljazeera.com/indepth/features/2011/04/2011427215943692865.html
[37] „Blutiger Freitag: Syrien setzt Scharfschützen auf Demonstranten an” (Der Spiegel)
http://www.spiegel.de/politik/ausland/blutiger-freitag-syrien-setzt-scharfschuetzen-auf-demonstranten-an-a-755972.html
Anmerkung: Dass der Autor selbigen Textes “Alawiten” mit “Alewiten” verwechselt, kann ja mal passieren. Vielleicht handelt
es sich auch nur um einen Tippfehler.
[38] „Syrian Army Martyrs Laid to Rest” (Tishreen): http://tishreen.news.sy/tishreen/public/read/226257
Anmerkung: Die Quelle gibt die Namen der Getöteten and sowie diejenigen der Verletzten.
[39] „Proteste in Syrien: Sicherheitskräfte riegeln Hafenstadt Banjas ab“ (Der Spiegel):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/proteste-in-syrien-sicherheitskraefte-riegeln-hafenstadt-banjas-ab-a-756263.html
[40] „Lebanese Border Police Seizes Two Cars Packed with Weapons Heading to Syria” (Tishreen):
http://tishreen.news.sy/tishreen/public/read/226580
[41] „Syria’s military shows signs of division amid crackdown” (The Christian Science Monitor):
http://www.csmonitor.com/World/Middle-East/2011/0425/Syria-s-military-shows-signs-of-division-amid-crackdown/%28page%29/2
[42] „Authorities Seize Huge Weapons Consignment Bound for Syria” (Tishreen):
http://tishreen.news.sy/tishreen/public/read/226861
[43a] „U.S. secretly backed Syrian opposition groups, cables released by WikiLeaks show” (Washington Post):
http://www.washingtonpost.com/world/us-secretly-backed-syrian-opposition-groups-cables-released-by-wikileaksshow/
2011/04/14/AF1p9hwD_story.html
[43b] Peter Scholl-Latour: „Der Fluch der Bösen Tat“. Die Passage findet man auf meiner Webseite: http://diewirklichewirklichkeit.com/2015/09/05/gespraech-peter-scholl-latours-mit-einem-offizier-der-freien-syrischen-armee-ueber-die-hintergruende-der-revolution-in-syrien/
[43c] https://www.youtube.com/watch?v=jeyRwFHR8WY
[43d] „Syria intervention plan fueled by oil interests, not chemical weapon concern” (The Guardian): https://www.theguardian.com/environment/earth-insight/2013/aug/30/syria-chemical-attack-war-intervention-oil-gas-energy-pipelines
[44] „Syrien: Assad lässt auf Demonstranten schießen“ (Der Spiegel): http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-assadlaesst-auf-demonstranten-schiessen-a-758102.html
[45] „Aufstand in Syrien: Assad lässt auf Demonstranten schießen“ (Der Spiegel):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/aufstand-in-syrien-assad-laesst-auf-demonstranten-schiessen-a-758724.html
[46] „Panzereinsatz: Syrische Soldaten stürmen Protesthochburgen“ (Der Spiegel):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/panzereinsatz-syrische-soldaten-stuermen-protest-hochburgen-a-758871.html
[47] „Q&A: Nir Rosen on Syria’s armed opposition” (Al Jazeera): http://www.aljazeera.com/indepth/features/2012/02/201221315020166516.html
(1) Quelle Bild: www:http://penzanews.ru/en/
Das erhellt ein wenig die Sichtweise dieses Konfliktes, eines von auße getragenen Krieges, der eine Destabilisierung eines dem Westen gegenüber und hier insbesondere den „Demokraten“ der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, exclusive der weniger wahrgenommenen Vorgänger, den Indianer, aber auch von Canada und Mexcio, inclusive des britischen Commonwealth.
Mir wird schlecht bei einer solcher Gemengenlage, in der jedes Mittel recht scheint, jemand der gegenüber und immer noch wider besseren Wissens vieler Europäer gleichgeschaltet wird jenem Potentaten, dem zuvor das wahnsinnige gleiche Schicksal aufs Auge gedrückt wird.
Die Problematik des ganzen arabischen „Nahen Ostens“ wird bei alledem gerne auf der Seite gelassen. In erster Linie geht es um Rohstoffe und parallel dazu um Wasser, dem Lebenselixier, das zufriedene Menschen schafft, wenn Sie denn darüber selbst verfügen könnten.
Da wird auch kein anderer Schuh daraus, wenn „krampfhaft“ danach recherhiert wird, wo demnächst Waffen benötigt, bzw. verkauft werden können. In Deutschland gilt dies immer noch für solche Staaten, die als „Krisengebiete“ tituliert werden, inclusive Umwege über Drittstaaten.
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Danke für den gut geschriebenen Artikel. Der knappe und pointierte Stil ist angenehm zu lesen, ein willkommener Kontrast zu all den Spiegel, Zeit, Welt usw. Artikeln die mittlerweile zu einem Drittel aus romanhaften Szenenbildern bestehen (… xy steht auf einer staubigen Straße vor dem im Sonnenlicht gleißenden Bergpanorama des yz-Gebierges … blablabla) und damit wertvolle Lebens-/Lesezeit verschwenden. Aber noch viel besser gefallen mir die Fußnoten. Die machen es jetzt natürlich schwierig Sie als Verschwörungstheoretekerin zu diskreditieren, da der klassische Verschwörungstheoretiker meist wenig von Fußnoten aber sehr viel von Sätzen wie folgendem hält: „Steht alles im Internet schau doch selber mal nach…“. Schade nur, dass Sie laut ihrer Profilinformation zur Zeit in Moskau leben. Wir wurden ja hier in Deutschalnd ausführlich darüber gewarnt, dass die „Putindiktatur“ das Internet mit Bloggern und „Trollen“ unterwandert. Da macht Sie ihr Standort natürlich höchst verdächting 😉
Bisher war ja die westliche Propaganda der je nach Epoche deutschen, sowjetischen, chinesischen oder sonstwelcher Propaganda überlegen, weil Sie stets subtiler und dezentralisiert war und im Gewand der Unterhaltung daherkam, aber ich habe das Gefühl, dass sie zunhemend plumper wird. Nur haben die Gegenspieler heute damit nicht gleichzeitig an Qualität oder Überzeugungskraft gewonnen.
Gerade deshalb finde ich ihre Art und Weise „Wirklichkeit“ im eigentlichem Sinne (also im Sinne der Wirkungen die sich beobachten lassen) darzustellen ansprechend.
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Vielen Dank für Ihren positiven Kommentar. Ja, alles was aus Russland kommt, ist freilich höchst verdächtig:-) Ich bin Deutsche und lebe nur vorübergehend in Russland – wenn mich das schon zu einem Putin-Troll macht, dann soll es eben so sein:-) Freilich vermitteln die russischen Medien auch Propaganda – aber in erheblich geringerem Umfang als die deutschen. Und im Gegensatz zu den West-Medien bekommt man in den russischen Medien noch verschiedene Sichtweisen zu einer Sachlage präsentiert.
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Danke.,danke und noch mal Danke für diesen Artikel.
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Gern geschehen:-)
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Mann oh Mann oh Mann .. solche Artikeln tun gut in dieser Zeit.
Ich habe über die Hälfte meines Erwachsenenlebens außerhalb meines Heimatlandes Österreich gelebt. Davon auch in Ländern wie Algerien und DDR. Die letzten 20 Jahre habe ich „Osteuropa intensiv“ hinter mir, Rumänien, sowie Republik Moldau und Süd-Ostukraine, welche schon lange im russischen Einflußbereich sind. das heißt, die Menschen sind dort nach Russland orientiert. That´s all.
Ich bin erschüttert, wie oberflächlich die Leute im Westen manipuliert werden. Egal, ob in der UA-Krise, beim Putin- und Russen-bashing, im Syrien-Dilemma, Irak, Iran und Libyen.
Es ist erschütternd, die überheblichen Kommentare der Satten in den Zeitungen zu lesen
Es ist erschütternd, überall limitiertes Denken anzutreffen. Bis zur Gemeindegrenze – dann ist Schluß.
Aber – sei´s wie´s sei: Wir wollen ja nicht jammern. Die Zukunft ist hell und warm. Ich freu mich drauf. Auch wenn es bis dahin noch etwas rumpeln wird……….
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Ein lesenswerter und sehr gut geschriebener Artikel. DANKE !!!
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Toller Artikel. Vielen Dank. Gibt es diesen Artikel auch in italienischer Sprache?
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Ich kann leider kein Italienisch, tut mir leid. Englisch ist die einzige Fremdsprache, in die ich ihn bis jetzt übersetzt habe.
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Sehr geehrte Frau Volkova,
Ihr Artikel und die Referenzen dokumentieren die Vorgänge und deren Reihenfolge, die sachlich nach transparenten Recherchen dargestellt sind. Ich möchte Sie hiermit gratulieren, und hoffe, das dies von weiteren wirklichen unparteiischen Experten bereichert und erweitert wird. Als (Ex)Syrer, der sehr lange Zeit in Deutschlad lebt, zeigt mir der Syrienbürgerkrieg, wie naiv die Deutsche Presse recherchiert und berichtet, und wie wenig fundiert die Deutsche Regierung Position bezieht.
Der Flut der Syrischen Flüchlingen war absehbar und wurde sehr lange ignoriert.
Ferner zeigen das überdurchnittliche Bildungniveau der Syrischen Flüchlingen und ihre relativ höhen Lebenstandard (in Syrien vor dem Krieg), dass es trotz des Einparteiensystems, trotz der ethnischen Gruppen und trotz der herrschenden Diktatur eine (vergleichbar mit anderen arabischen Ländern) gut funktionierende Gesellschaft gab.
Die westliche Politische Elite sollte daraus lernen, dass Demokratie und Freiheit westlicher Prägung eine Wertegesellschaft voraussetzt, die in den Mittlernosten (auch in Syrien) leider nicht vorhanden ist.
Ich Danke Ihnen und wünsche der syrischen Bevölkerung eine hoffnungsvollere Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen
Ahmed Oudda
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Sehr geehrter Herr Oudda,
es freut mich sehr, ein positives Feedback zu meinem Artikel von einem Syrer zu erhalten. Meine Motivation, diesen Artikel zu schreiben, kam gerade daher, dass der Syrienkonflikt in der deutschen Presse extrem einseitig behandelt wird. Auf die Hintergründe des Konflikts wird überhaupt nicht eingegangen. Dass ein westliches System nicht mit Gewalt einem anderen Kulturkreis mit völlig anderer Gesellschaftsstruktur aufgezwungen werden kann, sollte eigentlich offensichtlich sein, doch leider nimmt die westliche Politik auf kulturelle Unterschiede keinerlei Rücksicht. Jedes Volk muss von sich aus die passende Regierungsart wählen, durch Zwang von außen ist noch nie etwas Gutes entstanden, das lehrt uns die Geschichte.
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Der Durst nach Freiheit – ist der Hunger erst mal besiegt – ist aus dem Menschen nicht auszutreiben, auch nicht mit der ‚verständnisvollsten‘ autoritären Regierung, ausser sie lösche auch diesen Durst. Assad hat das wie viele Autoritäre zu spät begriffen – dasselbe wird auch in Moskau und Bejing ein Thema werden …
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„Durst nach Freiheit“ ist ein wohlklingender Begriff, doch was ist damit in der Realität gemeint? Berechtigt der „Durst nach Freiheit“ jemanden, zur Waffe zu greifen und damit das Risiko in Kauf zu nehmen, dass das eigene Land in einen Bürgerkrieg gestürzt wird? Es muss bedacht werden, dass die meisten Menschen ein friedliches Dasein dem Kampf um eine Idee wie „Freiheit“, „Demokratie“ usw. vorziehen. Die syrische Gesellschaft vor dem Bürgerkrieg war nicht so schlecht, dass sie den Menschen nicht eine gewisse Stabilität und Sicherheit garantiert hätte. Zumindest ich persönlich denke, dass die meisten Syrer vorgezogen hätten, friedlich weiterzuleben statt ihr Hab und Gut zu verlieren und ihr Leben tagtäglich in Gefahr zu sehen.
Nehmen wir einmal an, dass es Regimes gibt, die so schrecklich sind, dass sie nur mit einer blutigen Revolte durch die Bevölkerung beseitigt werden können. Dann stellt sich nun die Frage, ob die syrische Regierung wirklich eine davon ist, oder die in Russland oder die in China (um Ihre Beispiele aufzugreifen). Ich sage nein, Sie sagen ja – Meinungsfreiheit ist doch was Schönes:-)
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Der Durst nach Freiheit gilt nicht für radikale Islamisten, ihr Durst ist nach dem versprochenen Paradies, in dem sie Ungläubige toten. Diese Idiologie treibt sie, und nicht der Hunger. Z. B. Osama Bin Laden hat nicht an Hunger gelitten.
Meine Verwandeten in Syrien Sunniten sowie Alawiten (wir sind längst durch Heirat verwandt), wünschten sich den Zustand vor dem Bürgerkrieg zurück. Einige von meinen Verwandten waren bei den Domonstrationen dabei, und ihnen war die Tragweite nicht bewusst. Sie demonstrierten nicht für die Freiheit, wie es der Westen gerne verstehen will, sondern für die eigene vermeidlich bessere Ideologie als die Baath-Partei. Diese Idiologien sind leider nicht geprägt von Frieden, Trennung zwischen Glauben und Staat, ….
Ich hoffe ich habe mehr zur Aufklärung beigetragen.
Ahmed Oudda
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Hallo Frau Janine Volkova!
Ihr Artikel zum syrischen Bürgerkrieg ist sehr interessant! Ich versuche auch schon seit Jahren die von den Medien dargestellte Sichtweise auf den Konflikt in Syrien zu korrigieren, sie ist systematisch falsch. Seit dem Ukraine – Konflikt, ist vielen normalen Massenmedien Konsumenten klar geworden, dass die Medien mit uns ein übles Spiel spielen. Es gibt mittlerweile eine noch nie dagewesene große Skepsis gegenüber den normalen Medien in Deutschland. Die aktuelle Berichterstattung über die Flüchtlinge ist ein weiterer Tiefpunkt in der systematischen Desinformation durch die Medien. Viele ansonsten unpolitische Menschen fühlen das, ahnen das. Es gibt mittlerweile eine riesige Bedürfnis nach echten, autentischen Informationen. Die Sicht der Massenmedien greift nur noch, weil sie so hoch bezahlt und dominant sind. Die Massenmedien berichten nicht mehr, sie schaffen nur noch Stimmungen und versuchen eine moralische Rechtfertigungen für die offene und verdeckte Kriege der USA zu schaffen. Mehr nicht. Da aber die öffentlichen Berichterstattung großen Einfluß auf die Fühl- und Handlungsweisen der Menschen hat, – der Medienkritiker Noam Chomsky sagte einmal: „Die Medien regieren!“- , bedeutet das, dass wir uns selber andere glaubwürdigere Medien schaffen müssen. Daher ist ihr Beitrag so wertvoll und ich möchte sie fragen ob ich Ihren Artikel auf meine Internetseite verlinken darf.
Fragt und grüsst
Ottmar Lattorf
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Lieber Herr Lattorf,
ja, es ist schade, dass es heutzutage so schwerfällt, sich ein objektives Bild von einem Geschehen anhand der Darstellungen der Massenmedien zu machen. Der Ukraine-Konflikt ist ein sehr gutes Beispiel. Ich lebe ja derzeit in Russland und verstehe russisch auch gut genug, um russische Nachrichtensendungen anzusehen oder zu lesen. Was den Ukrainekonflikt betrifft, so sind die Informationen in den russischen Medien in jedem Fall reichhaltiger, da die Ukraine das Nachbarland ist und sich die Russen einfach von Natur aus besser mit der Situation dort auskennen. Ich erinnere mich noch sehr gut, dass viele Leute hier in Deutschland noch vor nicht allzu langer Zeit die Ukraine, Weißrussland und Russland gar nicht wirklich unterschieden haben. (Es ist auch wirklich mit der Konstellation Deutschland, Österreich und Schweiz vergleichbar.) Wir in Deutschland wissen (verständlicherweise: man kann ja nicht alles wissen) nicht viel über die Ukraine – oder über Syrien – und tendieren deshalb dazu, den Medien auch Dinge abzukaufen, die bei näherer Betrachtung wenig Sinn machen.
Was Ihre Frage betrifft, ob Sie diesen Artikel auf Ihrer Webseite verlinken dürfen, so kontaktieren Sie mich bitte per Email.
viele Grüße,
Janine Volkova
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Guten Abend Frau Janine Volkova,
danke für Ihren gut (und vermutlich zeitaufwendig) recherchiert und mit Quellen belegten Artikel.
Leider lässt sowohl das Erste, als auch das Letztere in der öffentlichen (deutschen) Berichterstattung zu Wünschen übrig, um es freundlich zu formulieren. Leider fand und findet eben diese Berichterstattung, ob nun vor Jahren den Irak betreffend, später Libyen, Syrien oder auch ‚das böse‘ Russland betreffend, in weiten Teilen der Bevölkerung Gehör und dient somit als Grundlage der Meinungsbildung (bzw. deren Beeinflussung).
Ich glaube, was Herr Ahmed Oudda schreibt. Die ‚durchschnittlichen‘ (schlechte Wortwahl) syrischen Bürger wünschen sich sicher in eine Zeit vor 2011 zurück. … Es ist traurig, sehr, sehr traurig was geschehen ist und noch geschieht.
Mit freundlichen Grüssen
Maik Schwarz
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Man muß sich doch folgende Frage stellen: Warum riskiert der Westen, daß nach Libyen ein weiteres Land am Mittelmeer, praktisch in Europas unmittelbarer Nachbarschaft, in Chaos versinkt?
Wer oder was ist die Alternative zu Assad? Hat Bashar al-Assad im Gegensatz zu seinem Vater nicht auch Reformwillen gezeigt? Und vor allem: Was wollen die Syrer?
Über die Bürgerkriegsparteien informiert der Wikipedia-Artikel „Der Syrische Bürgerkrieg“ (der Objektivität wegen sollte man auch die englische Version lesen).
Die gemäßigten Stimmen der syrischen Opposition werden in Europa unter anderem von adoptrevolution.org vertreten. Es sind linksliberale Aktivisten, die für demokratisches Syrien eintreten. Aber sprechen Sie für die Mehrheit? Haben sie ein praktikables Konzept und Aussicht auf Erfolg?
Die weitaus größte Mehrheit der Rebellen sind mittlerweile Islamisten aller Couleurs, die von der Türkei, und den sunnitischen Staaten Saudi-Arabien und Katar unterstützt werden. Ich meine nicht den IS, sondern Al-Nusra, die „Islamische Front“, die Farukh-Brigade der Freien Syrischen Armee. Sie sind Sunniten, die die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen.
Und wer in Syrien möchte eigentlich Assads Sturz nicht?
Da sind die Alawiten, weil sie als schiitische Minderheit (und Teil der bisherigen Elite) den sunnitischen Islamismus fürchten müssen. Sie leben in der Provinz Latakia am Mittelmeer. Aber auch die 5-10% syrischen Christen, die in unseren seltsamerweise Medien kaum vorkommen, befürchten das Schlimmste.
Und dann scheint es auch ein sunnitisches mittelständisches Bürgertum zu geben, das Assad stützt.
Mich hat bei meinen Recherchen die Facebookseite: FÜR EIN MODERNES SYRIEN UNTER BASHAR AL-ASSAD (ca. 4000 follower) erstaunt und bewegt. Aus ihr möchte ich mit Verlaub zitieren:
„Damals war unser Syrien das Paradies für unsere Kinder.
Bis die „Menschen“ dieser Welt unser Paradies zerstörten.
Nachbarn, Nachbarskinder, Verwandte, Freunde, Schulkameraden, Arbeitskollegen … sie alle begegneten sich immer mit Respekt. Respekt gegenüber den Älteren. Respekt gegenüber Lehrern. Respekt gegenüber verdienten und ehrenvollen Menschen.
Keiner kannte die Religion des Anderen. In Syrien ist es verboten gewesen über Religion zu reden, um keine Glaubensspaltung zu fördern. Christen, Muslime, Juden und und und haben in Frieden und Freude gelebt. Viele erfuhren erst nach der Hochzeit von der Religion seines Partners.
So wurden wir erzogen und so wurden wir in unseren Schulen gebildet.
Dass unsere Kinder jetzt auf den Straßen anderer Länder liegen, ist eine grausame Realität, die kaum zu glauben bzw. zu begreifen ist. Eine komplett verlorene Generation….“ (Eintrag v. 04.10.2015, 14:57)
Natürlich ist dieser Autor parteiisch und blendet die Schattenseiten der Assad-Regierung aus. Dennoch sollten uns seine Worte zu denken geben.
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Ihre Aussage: „In Syrien ist es verboten gewesen über Religion zu reden, um keine Glaubensspaltung zu fördern“, stimmt so nicht. Ich selbst bin in Damaskus aufgewachsen, wo ich auch die gesamte Schulzeit verbracht habe. Zwar habe ich das Lehrerkollegium in der 7. Klasse stark irritiert, als ich verlangte, daß wir Muslime doch besser christlichen Religionsunterricht bekommen sollten – und unsere chtistlichen Mitschüler umgekehrt islamischen – damit wir uns besser gegenseitig verstehen lernen. Letztlich wurde mir dann aber doch erlaubt, die Schulbücher BEIDER Curricula zu kaufen. Aber verboten war (und ist) nur die Hetze gegen andere Religionen und Konfessionen … was gar keinen so großen Unterschied zu den entsprechenden Regelungen z.B. in Deutschland macht.
Ihre Aussage stimmt aber insofern, daß tatsächlich nicht viel über Religion geredet wurde, weil es keinen besonders interssiert hat. Natürlich wußte man, ob die Nachbarn Christen oder Muslime waren – nicht selten mit all den kleinlichen Spitzen, die man sich denken kann -, aber etwas anderes war dennoch immer viel wichtiger: Daß sie NACHBARN waren, um die man sich zu kümmern hat… und zwar im Guten.
Wie gut das über viele Jahrzehnte geklappt hat, bezeuge ich aus eigenem Erleben.
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Hallo Janine,
aus unerfindlichen Gründen bin ich erst heute auf Deinen Blog aufmerksam gemacht worden. Aber lieber spät als gar nicht 😉
Erst einmal, die Gelegenheit nutzend, bitte ich Dich, meinen ganz persönlichen Dank – als syrischer Staatsbürger – an jede Russin und jeden Russen weiterzugeben, die/der sich für die Hilfestellung in Syrien ausgesprochen hat. Wir werden es nicht vergessen – ebensowenig wie wir jene vergessen werden, welche (und das ist hier doch wahrlich passend!) ihr Öl ins Feuer gießen… oder eben ihr Ölgeld, um es noch präziser aiszudrücken.
Dann natürlich ein herzliches Dankeschön für die gute Zusammenstellung und Dokumentation, die sich weitgehend mit den mir vorliegenden Informationen deckt. Da ich seit 2002 vorwiegend wieder in Berlin lebe (meiner Geburtsstadt, 1952, natürlich mit häufigen Besuchen in Damaskus, wo wir auch eine Wohnung besitzen), habe ich die ganze Geschichte nur aus der Ferne mitbekommen. Gleichzeitig bestand aber Kontakt zu Freunden und Bekannten… und von denen hörte ich eben ganz anderes, als das, was uns hier in den Medien vorgesetzt wurde.
Um es nicht zu lang zu machen: Hier ein link zu einem 2011 erschienenen Artikel unter dem provokanten Titel „Ich will meinen Diktator behalten!“, der meine eigene Einstellung beheuchtet:
http://www.zenithonline.de/deutsch/politik/a/artikel/ich-will-meinen-diktator-behalten-001800/
Und hier findest Du in meinem Blog u.a. ein paar Eindrücke von meinem letzten Besuch in Damaskus im Mai 2015: http://blogs.taz.de/datenscheich/
Weiterhin alles Gute, und nochmals Dank!
Achmed Adolf Wolfgang Khammas
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Lieber Achmed,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Es freut mich immer besonders, die Meinung von jemandem zu hören, der selbst in Syrien gelebt hat und aus erster Hand über die Verhältnisse dort berichten und bekräftigen kann, dass die verschiedenen Ethnien und Konfessionen bis vor kurzem friedlich zusammengelebt haben. Ich habe mir Deinen Artikel auf „zenithonline“ durchgelesen und finde ihn sehr informativ, besonders den Teil über die Anschläge radikaler Islamisten, die dem „Massaker von Hama“ 1982 vorangingen. Ich denke, einer der Gründe, weshalb die verzerrte Darstellung der deutschen Medien (der westlichen im Allgemeinen) über den Syrienkonflikt so vorbehaltlos „geschluckt“ wird, ist, dass die Menschen hier in Deutschland sehr behütet leben und sich derartige Verhältnisse kaum vorstellen können und deshalb für rabiate Maßnahmen wie diejenige Hafiz al-Assads 1982 wenig bis kein Verständnis aufbringen. Mit Kritik ist man immer recht schnell bei der Hand – aber niemand scheint sich die Frage zu stellen, bzw. konstruktive Vorschläge zu bringen, wie man denn das Problem anders hätte lösen können.
Was den jetzigen Syrienkonflikt betrifft, so sollte allmählich klar sein, dass das Töten nicht aufhören wird, indem man Präsident Assad absetzt – ganz im Gegenteil. Das Mantra, dass sofort alles gut wird, sobald man nur eine Demokratie eingeführt hat, ist angesichts der bewaffneten, unter sich zerstrittenen Opposition in Syrien absurder denn je. Ganz zu schweigen davon, dass ein anderes Staatssystem auch andere Staatsorgane braucht, die vorher aufgebaut werden müssen.
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Vielen Danlk für diese Mordsarbeit (im Doppelsinn), eine solch detaillierte Darstellung habe ich noch nirgendwo gelesen. Hier wird verständlich, wie diese erneute „Farbenrevolution“ von professionellen Agenten geschürt und gesteuert wird.
Und: In den Kommentaren wurde gefragt, wofür das gut sein solle. Die Antwort ist doch klar: NWO – Destablilisierung Europas etc., für den Frieden und Demokratie darf und muß man doch über Leichen gehen. Die Pläne kann man ja nachlesen bei den Denktankern. Aber vielleicht haben diese Katastrophen doch etwas Gutes, daß die Leute endlich aufwachen und begreifen, was dahintersteht. Wenn das JEDER weiß, kann es gestoppt werden, ich hoffe darauf, und auch in den sog. Eliten scheint es eine Gegenströmung zu geben, die sich ihrer Verantwortung bewußt ist. Mithelfen durch Mitdenken, ein positives morphogenetisches Feld aufbauen…
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Scharfschützen, welche auf Polizei / Armee und Demonstranten feuern, von denen beide Seiten sagen, dies waren keine von uns und deren Morde die Lage so richtig schön eskalieren lassen. Na woher kommt einem das noch gleich bekannt vor?
—-
H. Grundmann schreibt:
11. Oktober 2015 um 17:11
„Man muß sich doch folgende Frage stellen: Warum riskiert der Westen, daß nach Libyen ein weiteres Land am Mittelmeer, praktisch in Europas unmittelbarer Nachbarschaft, in Chaos versinkt?“
Das beantwortete „The Grand chessboard“ von Brzeziński 1997
Mit meinem Worten. Man muß eine Region nicht besetzen, es reicht auch aus, wenn man sie im Chaos versinken läßt. Die örtlichen Kräfte sind dann beschäftigt und andere Großmächte haben auch keinen Zugriff. Als Ziele nannte Brzeziński z.B. Syrien, Irak oder Ukraine.
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Vielen Dank für diesen hochinteressanten Artikel.
Die Art und Weise, wie die Ukraine und Syrien destabilisiert werden, war schon in den 60er Jahren in der Schweiz bekannt.
Im Auftrag des Bundesrates wurde das Buch „Zivilverteidigung“ herausgegeben und vom 13.10. bis zum 5.11.1969 gratis an sämtliche Schweizer Haushalte verteilt.
Im Inhalt ist u.a. detailliert beschrieben, wie ein Staat unterwandert und destabilisiert werden kann und was man, bei rechtzeitigem erkennen, dagegen tun könnte.
„Zivilverteidigung“ wurde als Weisung für Zivilisten im Notfall erstellt und enthält viele Grundsätze, die auch heute noch gültig sind.
Das Buch kann hier bestellt oder als pdf version gratis heruntergeladen werden:
http://libenter.ch/index.xhtml
Ich möchte darauf hinweisen, dass dieses Buch während dem kalten Krieg herausgegeben wurde, als in der Schweiz eine nicht zu unterschätzende Furcht vor der Sovietunion herrschte. Somit möge die Lektüre mit dem gebotenen historischen Augenmass genossen werden.
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An „mitwisser“: Ich kann Ihren Kommentar leider nicht veröffentlichen, weil er nach meinem Verständnis sowohl verschwörungstheoretische und auch rassistische Elemente enthält.
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Schon mal was von Meinungfreiheit gehört???
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Okay. Dann werde ich dir mal kurz erläutern, wovon dieser Kommentar handelte: Es ging um eine Weltverschwörung, mit dem Ziel, eine afrikanisch-asiatische Mischrasse in Europa zu schaffen, die aufgrund ihres niedrigeren Intelligenzquotienten leichter zu kontrollieren sei. Der Syrienkonflikt, so mutmaßt der Autor, sei vielleicht Teil dieses Plans, um die nötigen Flüchtlingsströme hervorzurufen.
Du wirst vielleicht verstehen, lieber Souverän, dass ich mich als Betreiber dieser Webseite von solchen Aussagen distanzieren möchte.
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ein sehr interessanter Artikel, den man breiter publizieren sollte.!
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Ich konnte mir es nicht vorstellen, dass es hier Zensur auf der website gibt.
Der ‚mitwisser‘
Empfehlung: Eine Verschwörungstheorie, ist eine Theorie, die mit Sachkenntnis und belegbaren Fakten ganz leicht zu widerlegen wäre. Man sollte sich nicht einfach dieser als Keule bedienen, um zu glauben, damit diese Theorie widerlegt zuhaben. Capito?
Zur Sache:
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Es gibt gut recherchierte Dinge, die von manchen als Verschwörungstheorie abgetan werden, da gebe ich dir recht. Aber es gibt auch Verschwörungstheorien, die einfach nur Verschwörungstheorien sind. Im Normalfall würde ich euch darüber so viel diskutieren lassen, wie ihr wollt, aber ich nehme mir das Recht heraus, alles zu löschen, was mit Rassismus, Holocaust, Herrenrasse und Ähnlichem zu tun hat. Da ist bei mir die Meinungsfreiheit zu Ende, das sag ich ganz offen. Es geht mir doch nicht darum, irgendeine Theorie, auf die „mitwisser“ verweist, zu widerlegen. Da hast du was falsch verstanden. Es geht darum, dass ich nicht will, dass das hier diskutiert wird. Es gibt genügend Seiten im Internet, wo man das tun kann, da bin ich sicher.
Das ist das erste Mal, dass ich einen Kommentar nicht veröffentlicht habe, und ich war so ehrlich, euch das mitzuteilen und es zu begründen.
Wenn du mit anderen Links austauschen willst, dann kannst du das gerne tun, aber nicht über die Kommentarfunktion auf dieser Webseite. Ich lasse euch natürlich generell Links posten, aber sie sollten bitte wenigstens einigermaßen mit dem Thema zu tun haben.
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Es handelt sich um keine Zensur – denn jeder Betreiber einer Webseite hat das ALLEINIGE Recht zu entscheiden, was auf seiner Seite steht, und was nicht. Sie/er trägt schließlich auch die Verantwortung dafür – und nicht der Kommentator, der zum einen anonym auftritt (wie krank ist das denn?!), und zum anderen ggf. juristisch bedenkliche Äußerungen macht. Schließlich können SIE ja auf IHRER eigenen Seite alles schreiben, was Sie wollen.
Ich bin ebenfalls Blogger – seit bald 10 Jahren. Und auch ICH entscheide, wen ich was bei mir schreiben lasse. Ebenso wie ICH entscheide, wem ich Zutritt zu meinem Wohnzimmer erlaube und wem nicht.
Sie könnten statt dessen dankbar sein – denn Voljan hat immerhin den Inhalt Ihres Postings umrissen und veröffentlicht. So entgegenkommend sind nur wenige.
Inhaltlich: Natürlich handelt es sich bei der These, daß irgend eine Seite versucht, „eine afrikanisch-asiatische Mischrasse in Europa zu schaffen“ um eine VerschwörungsTHEORIE. Oder haben SIE gerichtsfeste Beweise dafür? Im Gegensatz zu den vielen, vielen Völkerwanderungen der Vergangenheit – aus klimatischen, wirtschaflichen und/oder kriegerischen Gründen – sind die paar 100.000, die derzeit nach Europa einsickern, eine eher homeopathische Dosis.
Und wenn Sie sich darüber Sorgen machen (warum eigentlich… also ganz konkret und persönlich?), gibt es viele Wege, daran zu arbeiten. Sich in fremden Blogs anonym darüber auszulassen, ist nur die billigste und feigste davon. Ohne Ihnen jetzt zu nahetreten zu wollen…
Achmed Adolf Wolfgang Khammas
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Achja, die Umvolkung Deutschlands ist eine Verschwörungstheorie? Lesen sie einmal die Historie zum Buch „Praktischer Idealismus“ von Coudenhove Kalergí, indem der Autor die „Negroisierung“ Europas empfiehlt. Und Merkel für ihre Bemühungen zu diesem Thema den Coudenhove Kalergi Pries verliehen bekommen hat.
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Lieber Herr Müller, es geht nicht darum, ob in der Vergangenheit Theorien aufgestellt worden sind, die zu einer „Umvolkung“, wie Sie sich ausdrücken, raten. Mir wäre es recht, wenn man darüber in einem anderen Forum diskutieren würde. Im Übrigen bestand der „verschwörungstheoretische“ Anteil des Kommentars, welcher von mir zensiert wurde, nicht darin, dass der Autor auf solche Konzepte hinweist, sondern die Bezugnahme auf den Flüchtlingsstrom. Syrien hat genügend Feinde, und Intrigen von außerhalb gibt es in diesem Krieg wahrlich genug – aber dass Syrien zerstört wird, nur damit ein Flüchtlingsstrom entsteht, der dann die Zusammensetzung der europäischen Bevölkerung verändert…Das halte ich dann doch für etwas weit hergeholt.
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Wie in Kiew, so scheint auch in Syrien der Einsatz von Scharfschützen, welche BEWUST auf beide Seiten schießen, der Schlüssel zur erfolgreichen Destabilisierung zu sein. Sie sind das Mittel der Wahl, wenn es um ein Land geht, welches sich nicht in einem millitärischen Konflik befindet, und in dessen Inneren die einzige öffentliche Asymetrie zwischen Regierung und Bevölkerung die Demonstrationen sind. Zustätzlich sind noch bezahlte Einpeitscher denkbar, welche die Demonstranten zu immer extremeren Handlungsweisen ermutigen.
Scharfschützen (oder hier genannt „Sniper“) lassen sich schwer bekämpfen. Wenn man sie ergreift, haben sie gelernt mit Verhör und Folter unzugehen. Sie haben gelernt unauffällig zu verschwinden und sind ansonsten im öffentlichen Leben nicht sichtbar. Sichtbar sind nur die grausamen Ergebnisse, welche BEIDE Seiten dann zu noch grausameren Gegenreaktionen motivieren können.
Die Herkunft der Snyper kann man an deren Taten erkennen. Die Herkunft der Forderungs nach „mehr Demokratie“ und Demonstrationen ist ja bereits bekannt.
So gesehen, war es aus Assads Sicht, ein großer Fehler gewesen, demokratischen Reformen und Demonstrationen zu erlauben, wie es „der Westen“ gefordert hat. Er stand damals schon auf der Abschußliste. Er hätte also besser auf die konkreten Probleme des Alltags im Land eingehen müssen.
In bereits bekriegten Ländern (Irak) hat man es anders gemacht. Dort hat man „wahllos“ Sprengstoffattentate verwendnet, um die öffentliche Unordnung wieder herzustellen.
Denn nichts is schöner, als wenn zwei Seiten sich bekämpfen
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Hallo Janine,
großartiger Artikel, der mir in einem entscheidenden Punkt vielleicht eine Schwäche aufzeigt: Du bist dir nicht sicher, warum zu Beginn in Daraa auf die Demonstranten geschossen wurde.
Kennst du diese Quelle?
http://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/143026
Demnach waren es schon am Freitag den 18.3.2011 bewaffnete Demonstranten in Daraa. Ich halte es selbst bei verrohten Provinzpolizisten für unwahrscheinlich, dass die auf friedliche und unbewaffnete Demonstranten schießen würden. Es ist denkbar, aber unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass bereits zu diesem Zeitpunkt militante Provokateure mitgemischt haben, die den Brand in Gang setzen wollten.
Die deutschen Medien sich nicht einfach qualitativ schlecht, sie verbreiten gezielte Propaganda. Die haben den Konflikt von Anfang an befeuert und sich auf die Seite militanter Aufständischer geschlagen – was wir auch in der Ukraine gesehen haben. Würde im Westen jemand mit einer Waffe auf einer Demo auftauchen und von der Polizei erschossen werden, würde er sofort und nachhaltig als Irrer oder Terrorist gebrandmarkt. Passiert das Gleiche auf dem Maidan oder in Syrien, wird er als Freiheitskämpfer verbrämt. Das ist lupenreine Propaganda und die westlichen Medien sind in dieser Hinsicht eine Massenvernichtungswaffe.
Man hätte die Eskalation zu jedem Zeitpunkt in 2011 oder 2012 stoppen können, wenn der Westen die Militanten nicht politisch, medial, finanziell und mit Waffen unterstützt hätte. Es war aber von Beginn an das Ziel, Syrien zu zerstören, um die Achse nach Teheran, die Hisbollah und auch den russischen Einfluss zurückzudrängen.
Das war und ist vorsätzlicher Massenmord.
Grüße!
DOK
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Hallo Dok,
Ja, die Quelle kenne ich. Ich habe mich jedoch entschieden, sie nicht aufzunehmen, da sie die einzige ist, die diese Behauptung macht. Ich habe versucht, eine zweite Quelle zu finden, die diese Aussage bestätigt, habe aber keine gefunden – was übrigens nicht heißt, dass sie nicht irgendwo existiert. Allerdings ist interessant, was in der New York Times dazu steht: „The state-owned SANA news service stated on its Web site that “some agitators assaulted public hospitals and burned public properties, causing fear among the citizens, and shot at the police, who never returned fire.” (http://www.nytimes.com/2011/03/21/world/middleeast/21syria.html?_r=1) SANA spricht also nicht von getöteten Polizisten, sehr wohl aber davon, dass auf Polizisten geschossen wurde. Mit anderen Worten: Einige der Demonstranten waren offenbar bewaffnet. Allerdings muss bedacht werden, dass hier die Ereignisse vom Sonntag gemeint sind, wo auch Gebäude niedergebrannt werden und bereits ein regelrechter Mob unterwegs ist. Was die Demonstrationen am 18.März 2011 betrifft, so ist da nicht von bewaffneten Demonstranten die Rede. Aus dem Artikel in „Isreal National News“ geht auch nicht hervor, an welchem Tag genau diese sieben Polizisten getötet worden sein sollen. Es macht einen großen Unterschied, ob es der 18. oder der 20. März war. Wie ich die Sache verstehe (und genau über diesen Punkt habe ich lange nachgedacht, es war einer der schwierigsten der ganzen Recherche), haben die Leute am 18. unbewaffnet demonstriert und die Polizei hat auf sie geschossen. Am 20. aber hat ein Mob Gebäude zerstört und auf Polizisten geschossen, eventuell kamen dabei Polizisten ums Leben. In dem Falle ist die Gewalt der Demonstranten eine REAKTION auf die Polizeigewalt (natürlich ist sie in keiner Weise gerechtfertigt). Hätten die Demonstranten indes am 18. schon Waffen gehabt, dann wäre dies die URSACHE der Polizeigewalt.
In der englischen Version meines Artikels habe ich die New York Times Quelle erwähnt, im deutschen aber nicht. Das werde ich sofort ergänzen.
Ich persönlich denke, dass die Demonstrationen von Anfang an von Islamisten unterwandert waren und eventuell auch von diesen (mit freundlicher Unterstützung einiger ausländischer Staaten) geplant worden sind. Auf meiner Webseite habe ich auch einen Auszug aus einem Buch Peter Scholl-Latours. Da erzählt ihm ein FSA-Offizier, dass er bereits ein Jahr, bevor die Aufstände ausgebrochen sind, von ausländischen Vertretern kontaktiert worden ist, die eine Widerstandsgruppe gegen Präsident Assad gründen wollten.
viele Grüße,
Janine
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Relevant ist meiner Ansicht nach auch, was Schah Mohammad Reza Pahlavi über die islamistischen Demonstrationen im Iran sagt, die letztendlich zu seiner Abdankung geführt haben (dazu habe ich auch einen Artikel auf meiner Webseite). Die Trauerzeremonien für die Opfer werden von Aufwieglern missbraucht, um immer mehr Leute zu mobilisieren und aufzuhetzen. Dadurch entsteht eine Art Teufelskreis: Immer mehr aufgebrachte Leute sammeln sich, die zunehmend aggressiver werden, wodurch sich auch die Polizeigewalt erhöht. Das führt wiederum zu mehr Opfern und Trauerzeremonien. Das führt zu mehr Polizeigewalt, usw. Genau dasselbe Schema lässt sich auch in Syrien beobachten.
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Hallo Janine,
danke für deine Antwort!
Es dürfte schwer sein, im nachhinein die Ereignisse am Donnerstag und Freitag exakt nachzuvollziehen. Wobei es verwundert, dass es keine Handyvideos zu geben scheint. Nehmen wir an, die syrische Staatsgewalt hätte tatsächlich auf Unbewaffnete geschossen, dann halte ich es für zwingend, dass dies von Teilnehmern oder Beobachtern gefilmt und propagandistisch ausgeschlachtet worden wäre.
Auch wenn es sich hier um den wichtigen Einstieg in die Gewaltspirale handelt, ist aber der eigentliche Fehler – besser gesagt das Verbrechen – des Westens ein anderer, nämlich der, die Gewalt legitimiert und angefeuert zu haben. Hätte man damals beide Seiten zur Gewaltlosigkeit aufgefordert und auch der Opposition von internationaler Seite angedroht, ihr jede Unterstützung zu entziehen, wenn sie nicht von der Gewalt ablässt, dann hätte man die Eskalation frühzeitig stoppen und Hunderttausende Menschenleben retten können. Dass dies nicht geschah, ist ein vorsätzliches Verbrechen und die politischen Motive dahinter sind unzweideutig, niederträchtig und menschenverachtend. Syrien wurde vorsätzlich in diesen Bürgerkrieg getrieben und westliche Medien haben dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Das war damals der Anlass den Blog ins Leben zu rufen, um diese Verbrechen zu dokumentieren. Auch weil du die russischen Medien gut kennst, bist du jederzeit eingeladen, einen Beitrag oder Kommentar zu schreiben: http://propagandamelder.wordpress.com
Grüße!
DOK
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Ganz herzlichen Dank auch von mir für diese engagierte, aufwändige und gut geschriebene Chronologie.
Ich lebte Anfang 2011 in Beirut und war oft und gerne „drüben“ in Syrien. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie enttäuscht einschlägige Medien (z.B. der damals sehr aktive „Beirutreporter“) reagierten, als zu Demonstrationen am Ommaijadenplatz aufgerufen war und keiner kam.
Und dann kam Daraa. Leider kann ich kein arabisch. Aber von Libanesen (mit sehr weitreichender syrischer Verwandtschaft) weiß ich, das schon bei den ersten Unruhen von Scharfschützen auf den Dächern die Rede war, die auf beide Seiten geschossen haben. Und ich weiß von geplünderten und verwüsteten Geschäften und Pogromen gegen Schiiten in Daraa, die daraufhin geflohen sind.
Auch kann ich mich noch gut erinnern, wie die Türkei riesige Lager mit tausenden Plätzen aufbaute, als noch kaum ein Syrer über die Grenze gegangen war. Wir fragten uns alle, war bereitet sich da vor?
Dann kam das Gerede über die vielen, vielen (angeblichen) Deserteure, es gab Angriffe auf Überlandbusse, liquidierte Wehrpflichtige und und und
Schließlich Jisr as Shogur, da war klar, woher der Wind weht – die zweite Front war eröffnet.
Der dritte Schlag war dann die Anlandung von Kämpfern (brigadeweise) und Waffen in Tripolis, immer munter an der deutschen Bundesmarine vorbei und mit freundlicher Unterstützund des Hariri-Clans.
Also, ich denke die Bezeichnung Bürgerkrieg ist für den Konflikt in Syrien unzutreffend. Es ist von Anfang an eine (verdeckte und vorbereitete) Intervention mit syrischen Kollaborateuren gewesen.
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Hallo Uli,
sehr aufschlussreicher Kommentar, vielen Dank! Dass die Türkei Lager aufgebaut hat, bevor es einen nennenswerten Flüchtlingsstrom gab, wusste ich nicht, finde es aber hochinteressant …
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Erst einmal danke für diesen Versuch der Darstellung der „Wurzel des Übels“, wie man sagen kann.
Das „Drehbuch“ ist dabei alles andere als neu, siehe dieses deklassifizierte Schriftstück von Mai 1982:
Klicke, um auf dia-syria-muslimbrotherhoodpressureintensifies-2.pdf zuzugreifen
Erschütternde Parallelen zu dem, was seit 2011 in Syrien geschah. Wiederum aufgezeigt durch die US-amerikanische Defense Intelligence Agency, kurz DIA, welche auch akkurat das Aufkommen eines „salafistischen Prinzipats“ bereits im Jahr 2012 in Aussicht stellte.
Dass es sich beim oben verlinkten Dokument um keinen „Fake“ handelt, zeigt die Einbeziehung eben dieses Dokuments in diesem voreingenommenen Foreign Policy-Artikel:
http://foreignpolicy.com/2012/09/21/history-repeats-itself-as-tragedy/
Bezeichnenderweise funktioniert der Link zum Dokument, der dort angegeben ist, nicht mehr. Und der Artikel hält sich auch kein Stück weit damit auf, die Methodik, mit welcher der „Muslimbruderaufstand“ damals 1979 bis 1982 agierte, zu besprechen.
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Vielen Dank für den link zu dem Artikel und besonders für das pdf!
Hoch leben die Festplatten…;-))
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Hallo Janine,
vielen Dank für den Artikel! Dieser hebt sich in Punkto Stil und Seriosität doch sehr positiv von dem ab, was man heutzutage aus den Medien gewohnt ist.
Andererseits kam ich als kritischer Leser natürlich erstmal nicht umhin, mir den Rest deiner Website anzuschauen und vor allem einen Blick ins Impressum zu werden, um zu wissen, wem ich den Artikel zu verdanken habe und letzte Zweifel auszuräumen, dass ich ihn guten Gewissens unter meinen Freunden verbreiten kann. Viel zu erfahren gab es da – abgesehen von deinem Physikdiplom – jedoch leider nicht. Deinen Namen habe ich erst hier in den Kommentaren erfahren. Da du jedoch eine Menge Zeit in diese Website zu investieren scheinst, gestattest du mir hoffentlich die Frage nach deinem derzeitigen Beruf bzw. woher du die Zeit nimmst? Generell würde ich mir mehr Informationen über dich wünschen, um die Artikel besser einordnen zu können. Damit würdest du etwaigen Kritikern in Zukunft vielleicht von Anfang an die Luft aus den Segeln nehmen. Nun gut, andererseits könnte man auch argumentieren, dass die Tatsache, dass deine Person nicht im Vordergrund steht, der Sachlichkeit und einer nüchternen Betrachtung der Fakten förderlich ist und der Leser so angehalten ist, kritisch zu bleiben und die Informationen hier zu hinterfragen…
Zum Abschluss eine weitere Frage: Wo ist denn die englische Übersetzung des obigen Artikels zu finden? (Eine Archivfunktion zum schnellen Auffinden von Artikeln / Überblickgewinnen wäre übrigens hilfreich angesichts eines meistens sehr kleinen Scrollbalkens! ;-)) Da ich derzeit in den USA lebe, würde ich den Artikel gerne an ein paar Freunde hier weitergeben. Könntest du die Übersetzung vielleicht am Anfang des Originaltextes verlinken, sodass englischsprachige Leser auf sie aufmerksam werden?
Vielen Dank und freundliche Grüße von einem weiteren Physiker!
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Ja, die Webseite ist etwas unordentlich, ich werde in Zukunft dran arbeiten. Die englische Übersetzung findet sich im Hauptmenü unter „Verschiedenes“ (man muss ne Weile nach unten scrollen, ich weiß, das ist etwas nervig). Ich habe ihn jetzt am Ende des Textes (vor den Quellen) verlinkt. (Und hier nochmal: http://diewirklichewirklichkeit.com/2015/09/27/bashar-al-assad-how-an-ophthalmologist-became-the-slaughterer-of-damascus/)
Ich weiß nicht genau, was meine Person mit der Seriosität der Artikel zu tun hat, da ich sehr genau darauf achte, zu jedem Detail die Quelle anzugeben. Beruflich habe ich nichts mit Journalismus zu tun – da ich Physiker und kein Journalist bin, ist es unmöglich, einer Zeitung einen Artikel anzudrehen. (Ähnlich schwierig, wie einen Verlag dazu zu bringen, meine satirischen Romane zu drucken.) Weil ich aber trotzdem zu gewissen Themen etwas schreiben möchte, habe ich diese Webseite ins Leben gerufen. Übrigens ist der Zeitaufwand geringer als man denkt, ein paar Stunden pro Woche. Da es sogesehen mein Hobby ist und ich mich ja so und so über Syrien informiere, finde ich das nicht weiter anstrengend. Was den Assad-Artikel betrifft, ja, an dem habe ich wirklich eine Weile gearbeitet. Allein die ganzen Quellen zu finden und zu bewerten hat ewig gedauert. Ich persönlich finde, dass die Person des Autors nicht im Vordergrund stehen sollte, weil ganz allgemein der Leser wissentlich oder unwissentlich versucht, eine Verbindung zwischen Inhalt und Biographie des Autors herzustellen. Besonders schlimm ist das bei literarischen Texten, wenn ein ganzes Bataillon an Geisteswissenschaftlern Gott weiß was in die Texte hineininterpretiert, basierend auf dem persönlichen Leben des Schriftstellers (Beispiel Kafka).
Mein Name stand anfangs im Impressum, deshalb sprechen mich die Leute in den Kommentaren auch so an. Ich kann ihn dort wieder einfügen.
Allerdings sind Daten über meine Person insofern relevant, dass sie Aufschluss über meine Motivation, das Syrien-Thema zu betrachten, geben können. Ich interessere mich allgemein für Politik, speziell für den Mittleren Osten, aber dafür gibt es keinen tieferen Grund. Trotz meines russisch klingenden Namens bin ich Deutsche; mein Mann ist allerdings Russe, deshalb verstehe ich auch die Sprache. Meine Motivation, mich mit Syrien zu beschäftigen, hat auch nichts mit der russischen Unterstützung für Syrien zu tun – den Artikel über den syrischen Bürgerkrieg habe ich schon vor längerer Zeit verfasst und ein Vierteljahr vor Beginn der russischen Luftunterstützung veröffentlicht. Ich hoffe, das reicht fürs erste:-)
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Vielen Dank für den Link!
Was deine Person angeht: Nunja, angesichts der Länge der Artikel, versuche ich zunächst einmal herauszufinden, ob es sich lohnt ihn zu lesen bzw. ich versuche zumindest auszuschließen, dass es sich um Propaganda handelt und ich schlicht meine Zeit verschwende. Da sind zusätzliche Informationen über den Autor manchmal hilfreich. Aber ich stimme dir zu, dass solche Informationen bei der letztendlichen Bewertung eines Artikels (nachdem man die Zeit investiert hat ihn zu lesen) letztlich keine Rolle spielen sollten. Es ist nur so, dass sie als Filter vorab nützlich sind. (Ist in der Wissenschaft ja nicht anders. Die Emails mit dem Titel „Fehler in der Relativitätstheorie!!!“, die ich täglich bekomme, würde ich deutlich ernster nehmen, wenn sie von Stephen Hawking kämen und nicht von jemandem, der offenbar noch nicht einmal ernsthaft Physik studiert hat. Bei der Bewertung des Inhalts der Email würde Hawkings Person dann jedoch natürlich keine Rolle mehr spielen.)
Lange Rede, kurzer Sinn: Den Satz „Ich persönlich finde, dass die Person des Autors nicht im Vordergrund stehen sollte, weil ganz allgemein der Leser wissentlich oder unwissentlich versucht, eine Verbindung zwischen Inhalt und Biographie des Autors herzustellen.“ solltest du so ins Impressum oder auf die Seite „Über diese Website“ stellen – vielleicht erweitert um deinen Wunsch, dass sich der Leser kritisch mit deinen Texten auseinandersetzen möge und du zu seiner Unterstützung versuchst alles mit Quellen zu belegen.
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Hallo, habe heute erst den Artikel endeckt und bin sehr positiv überrascht über die gute Qualität der Arbeit.Einfach nur Danke für solch eine gute „Freizeitarbeit“.Würde mir bei unseren MSM eine ähnlich ausgewogene und sich an Fackten haltende Berichterstattung auch wünschen.
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Vielen Dank für Ihr Lob:-)
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