Der Giftgasangriff in Ghouta vom 21. August 2013, der fast zu einer US-Invasion in Syrien geführt hätte, stellte die Welt vor ein Rätsel: Wie konnte die syrische Regierung so unbesonnen sein, chemische Waffen in einem Vorort von Damaskus einzusetzen, wo doch nur drei Tage zuvor UN-Inspektoren in Syrien eingetroffen waren – und zwar ausgerechnet zu dem Zweck, um Untersuchungen zu früheren Vorwürfen von Giftgaseinsätzen anzustellen? Am 21. August befanden sich die Mitglieder der UN-Kommission sogar in Damaskus selbst, um von dort aus ihre Mission zu planen.[i] Noch dazu war Assads Armee zu diesem Zeitpunkt auf dem Vormarsch, es gab also kein Motiv für ihn, eine solche Kamikaze-Aktion durchzuführen, zumal der amerikanische Präsident bereits Ende August 2012 verkündet hatte, dass der Einsatz chemischer Waffen durch das Regime eine „Rote Linie“ überschreiten würde, was ein Einschreiten der Amerikaner zur Folge haben würde. Der von der „Koalition der Willigen“ unter amerikanischer Führung unternommene Angriff auf den Irak war Syrien noch frisch im Gedächtnis; es wäre also im Interesse der syrischen Regierung gewesen, mit allen Kräften ein solches Szenario zu vermeiden und die Amerikaner und allgemein die gesamte westliche Wertegemeinschaft nach Möglichkeit nicht zu provozieren. Was die Rebellen betraf, so war einigen Gruppierungen durchaus daran gelegen, den Westen zu einer Intervention gegen Assad zu bewegen – doch es wurde davon ausgegangen, dass nur die Regierung in Syrien über Sarin-Gas und entsprechende Trägerraketen verfügte. Aufgrund seiner außerordentlichen Bedeutung im Syrienkonflikt wollen wir uns mit diesem Ereignis im Folgenden etwas genauer auseinandersetzen.

Sarin gehört zu den sogenannten „binären Kampfstoffen“. Von einem „binären Kampfstoff“ ist die Rede, wenn der Kampfstoff durch einfaches Zusammenschütten zweier, oftmals an sich relativ harmloser, Chemikalien entsteht. Im Falle von Sarin handelt es sich bei den beiden Substanzen um Methylphosphonsäuredifluorid (DF) und den Industriealkohol Isopropanol. Letzterer Stoff hat viele industrielle Anwendungen, z.B. habe ich selbst ihn bisweilen während meiner Physik-Diplomarbeit als Reinigungsmittel verwendet. Gefährlicher ist Methylphosphonsäuredifluorid, welches bereits an sich toxische Eigenschaften aufweist und außer der Sarin-Herstellung und der Verwendung im Rahmen von Forschungszwecken keine nennenswerten Anwendungen hat.[1] In Binär-Kampfstoff-Gefechtsköpfen werden die beiden Chemikalien getrennt gelagert, erst beim Aufprall vermischen sich die Ingredienzen zum eigentlichen Kampfstoff. Sarin zum Beispiel würde das Behältermaterial sehr schnell korrodieren, wenn es fertig gelagert würde. Es muss also vor dem Einsatz frisch angemischt werden oder in einem Binär-Kampfstoff-Geschoss eingesetzt werden.

Wie bereits erwähnt, warnte Präsident Barack Obama die syrische Regierung am 20. August 2012, dass der Einsatz chemischer Waffen dem Überschreiten einer „Roten Linie“ gleichkäme. Wie aus einem Brief des syrischen UN-Botschafters Baschar Ja’afari an den UN-Generalsekretär und den Präsidenten des UN-Sicherheitsrates vom 8. Dezember 2012 hervorgeht, war sich die syrische Regierung nicht nur der Bedeutung von Obamas „Roter Linie“ bewusst, sondern sie zeigte sich obendrein auch noch sehr besorgt darüber, dass das Aufstellen der „Roten Linie“ die Rebellen und ihre Unterstützerstaaten zu einer „False Flag“-Operation motivieren könnte, d.h. dass diese einen Giftgasanschlag auf die Bevölkerung verüben könnten, um ihn dann der syrischen Regierung in die Schuhe zu schieben. Ferner erwähnt Ja’afari in diesem Schreiben, dass Syrien bereits im Jahr 2003 einen Resolutionsentwurf in den UN-Sicherheitsrat eingebracht hatte, der sich damit beschäftigte, wie man den Mittleren Osten von chemischen, nuklearen und biologischen Waffen befreien könne. Die USA jedoch und „ihre Satellitenstaaten“ hätten die Annahme der Resolution durch den Sicherheitsrat verhindert.[ii] Auch CNN berichtete im April 2003 über diesen Resolutionsentwurf.[iii]

Am 19. März 2013 starben dann in Khan al-Assal (Aleppo) ca. zwei Dutzend Menschen – die Mehrzahl davon Regierungssoldaten – an einer mutmaßlichen Giftgasattacke. Gleich am darauffolgenden Tag wandte sich der syrische Außenminister Walid al-Muallim an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon mit der Bitte, schnellstmöglich ein Expertenkomitee zusammenzustellen und nach Syrien zu schicken, um den Vorfall zu untersuchen. Dennoch verzögerte sich in der Folgezeit die Ankunft des längst zusammengestellten Expertenteams bis zum 18. August 2013. Ein Hauptgrund der Verzögerung war gemäß der Darstellung der russischen UN-Diplomatin Mariya Khodynskaya-Golenishcheva[iv] das Drängen der UN-Botschafter Großbritanniens und Frankreichs sowie der USA, weitere angebliche Fälle (ein gutes Dutzend) von Giftgaseinsätzen in Syrien zu untersuchen[2], von denen sich ein Großteil schnell als haltlos erwies. Bereits am 21. März 2013, also zwei Tage nach dem Giftgaseinsatz in Khan al-Assal und einen Tag nach dem Ersuchen des syrischen Außenministers, wandten sich Delegationen von Frankreich und Großbritannien an den UN-Generalsekretär mit der Forderung, zwei weitere Fälle von mutmaßlichen Giftgaseinsätzen zu untersuchen, einer davon sollte bereits am 23. Dezember 2012 – also vor mehr als drei Monaten – in Homs stattgefunden haben. Bis zu diesem Zeitpunkt war dieser Vorfall weder von Frankreich, noch von Großbritannien, noch von sonst jemandem auch nur erwähnt worden, obwohl Khodynskaya-Golenishchevas Darstellung zufolge diesen beiden Ländern sehr an einer militärischen Intervention in Syrien gelegen war und daher zu erwarten gewesen wäre, dass jeder ernsthafte Vorwurf eines Giftgaseinsatzes sofort der UN vorgetragen worden wäre. Als sich die Ankunft der UN-Fact-Finding-Mission immer weiter verzögerte, beauftragte die syrische Regierung schließlich ein russisches Expertenteam mit der Untersuchung. In einem 100-seitigen Bericht an die UN – nach Angaben der späteren UN-Fact-Finding-Mission wurde die Auswertung der russischen Wissenschaftler den Laborstandards der OPCW (Organisation für das Verbot chemischer Waffen) gerecht[3] – teilten die russischen Wissenschaftler mit, dass es sich bei dem eingesetzten Gas um das Nervengas Sarin handele, allerdings um eine „dreckige“ Mischung, die augenscheinlich nicht unter Industriebedingungen hergestellt worden war.[v],[vi] Die verwendete Trägerrakete sei kein Standardmodell der Armee, sondern zusammengebastelt. Wenn man zu alledem auch noch bedenkt, dass die Ortschaft zum fraglichen Zeitpunkt unter Kontrolle der Regierung gestanden hatte, ist der Schluss des russischen UN-Botschafters, dass der Angriff von den Oppositionellen und nicht von der Regierungsarmee verübt worden war, naheliegend. Die verantwortlichen Rebellen müssten also im Besitz von Sarin gewesen sein, und somit wäre die syrische Regierung nicht die einzige Bürgerkriegspartei, die Zugang zu diesem Stoff hatte. In Khan al-Assal kämpften im März 2013 hauptsächlich Einheiten der FSA wie z.B. Liwa al-Ansar, die sich wenig später – im Juni 2013 – mit anderen Gruppen zur „19ten Division“ der FSA zusammenschlossen. Aber auch Jabhat an-Nusra hatte eine Präsenz in der Gegend. Während die Regierung angab, das Giftgas-Geschoss sei aus Richtung des ca. 5 km entfernten Kafr Da’el auf Khan al-Assal abgefeuert worden[vii], hielten FSA-Verantwortliche die Regierungssoldaten selbst für die Schuldigen: Entweder sei das Geschoss von der Armee auf Rebellenpositionen abgefeuert worden und durch einen Unfall im regierungskontrollierten Bereich abgestürzt, oder aber die Soldaten hätten absichtlich auf ihre Kameraden gezielt, um die Opposition zu diskreditieren.[viii]

Sowohl aus dem Brief des syrischen UN-Botschafters Baschar Ja’afari vom 19. März 2013 an den UN-Generalsekretär und den Präsidenten des UN-Sicherheitsrates als auch aus einem Bericht der „TIME“ geht hervor, dass Jabhat an-Nusra wenige Monate zuvor eine Chlorgasfabrik ganz in der Nähe in ihren Besitz gebracht hatte. Laut der russischen Expertenkommission handelte es sich bei dem in Khan al-Assal eingesetzten chemischen Stoff allerdings nicht um Chlorgas, sondern um Sarin.[ix],[x]

Anfang Mai sagte Carla del Ponte[4], ein führendes Mitglied einer UN-Kommission, die mit der Untersuchung von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen in Syrien beauftragt war, dass alles darauf hindeute, dass die Opposition in Syrien das Nervengas Sarin eingesetzt habe. Indes gebe es keinerlei Indizien für den Einsatz von Nervengas durch die syrische Regierung. Del Ponte selbst zeigte sich überrascht von diesem Befund.[xi],[xii]

Am 22. Juli schließlich, also knapp einen Monat vor dem Eintreffen des UN-Untersuchungskomitees, wurde Khan al-Assal überfallen. Das anschließende Massaker, in dem mehr als 120 Menschen ums Leben kamen, wurde Jabhat an-Nusra und der Ansar al-Khilafa Brigade (eine Teileinheit der „19ten Division“, die ihrerseits der „Freien Syrischen Armee“ unterstellt war) zugeschrieben. Die Hoffnung, dass die UN-Expertenkommission durch Zeugeninterviews und Proben zu einem brauchbaren Ergebnis kommen könnte, war nach diesem Ereignis sogar noch geringer.

Allen Widrigkeiten zum Trotz landete die UN-Kommission am 18. August in Syrien. Sie war damit beauftragt, festzustellen, ob in Khan al-Assal, Sheikh Maksud (Aleppo) und Saraqeb (Idlib) Chemiegas eingesetzt worden war, war aber nicht autorisiert, einen Schuldigen zu benennen.

Drei Tage später fand in der Nacht auf den 21. August in Ghouta, einem agrarisch geprägten Gürtel um die Hauptstadt, ein Giftgasangriff großen Ausmaßes statt. Die Angaben der Opferzahlen reichen von ca. 300 bis mehr als 1700. Gemäß einem Bericht besagter UN-Untersuchungskommission[xiii] war tatsächlich Sarin, das mittels Boden-Boden-Raketen transportiert worden war, zum Einsatz gekommen, und zwar in Ein Tarma, Zamalka und Moadamiyah (West-Ghouta). Innerhalb der nächsten sieben Stunden wurden dutzende von Videos ins Internet hochgeladen, die das Leid der betroffenen Bevölkerung dokumentieren sollten. Dreizehn dieser Videos wurden später von der amerikanischen Regierung dem Kongress vorgelegt, um ihn dazu zu bewegen, einer Invasion Syriens zuzustimmen.

Die Frage nach dem „cui bono?“ deutet klar auf die Opposition, bzw. auf Assads mehr als zahlreiche ausländische Feinde – doch die USA, zusammen mit Frankreich und Großbritannien, bestanden darauf, dass nur Assad im Besitz von Sarin und Trägerraketen sein könne und deshalb der Schuldige sein müsse. Bis auf den heutigen Tag ist diese Schlussfolgerung das einzige Argument für die Schuld des Regimes. Sie wurde nie mit Beweisen belegt.

Am 29. August 2013 veröffentlichte die „Washington Post“ Auszüge des jährlichen Budgets der US-Geheimdienste. Die Information war von Whistleblower Edward Snowden bereitgestellt worden. Dort findet sich der Vermerk, dass das NRO („National Reconnaissance Office“) in Syrien Bodensensoren nahe von „suspected illicit weapons sites“ (d.h. Komplexe, die im Verdacht standen, dass dort verbotene Waffen gelagert oder hergestellt wurden) angebracht hatte.[xiv] Ein ehemaliger hochrangiger Geheimdienstmitarbeiter, der mit dem Programm vertraut war, teilte dem Investigativjournalisten Seymour Hersh mit, dass in der Tat solche Sensoren nahe allen bekannten syrischen Chemiewaffenproduktionsstätten installiert seien. Damit könne der Transport von mit Sarin gefüllten Gefechtsköpfen überwacht werden. In den Monaten und Tagen vor dem Angriff auf Ghouta am 21. August wurden von den Sensoren keinerlei Aktivitäten festgestellt, sagte die Quelle.[xv] Aus den Snowden-Dokumenten geht weiterhin hervor, dass die US-Geheimdienste zu Beginn des Syrienkonflikts noch in der Lage gewesen waren, unverschlüsselte Konversationen hochrangiger Militärs abzufangen, allerdings sei diese Sicherheitslücke offenbar erkannt und behoben worden.

Die beharrliche Versicherung der USA, Assad müsse für den Giftgasanschlag verantwortlich sein, könne also nicht auf Geheimdienstinformationen beruhen, schlussfolgerte Hersh.

Pulitzerpreisträger Seymour Hersh, der die Kriegsverbrechen der US-Armee in Vietnam aufgedeckt und später den Folterskandal im irakischen Abu-Ghuraib-Gefängnis bekannt gemacht hatte, beschäftigte sich in zwei ausführlichen investigativen Artikeln mit dem Sarin-Gas-Angriff auf Ghouta.[xvi],[xvii] In seinem Artikel „The Red Line and The Rat Line“ beschuldigt er den damaligen Ministerpräsidenten der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan, Jabhat an-Nusra unterstützt zu haben, u.a. bei der Beschaffung Sarin, bzw. von Sarinpräkursoren. Auch soll Erdoğan bereits im Mai 2013, nach unüberprüften Meldungen bezüglich des Einsatzes von Giftgas in Syrien, den amerikanischen Präsidenten bedrängt haben, doch endlich Syrien anzugreifen, da die „Rote Linie“ überschritten sei. Hersh schreibt u.a.: „Als abgefangene Meldungen und andere mit der Giftgasattacke vom 21. August in Zusammenhang stehende Informationen zusammengetragen worden waren, sahen sich die Nachrichtendienste mehr und mehr in ihrem Verdacht bestätigt. ‚Wir wissen jetzt, dass es eine verdeckte Aktion war, die von Erdoğans Leuten geplant war, um Obama über die Rote Linie zu stoßen‘, sagte mir ein ehemaliger hochrangiger Geheimdienstbeamter, der Zugang zu aktuellen Nachrichtendienstinformationen hat. ‚Sie mussten die Situation mit einem Giftgasangriff in oder in der Nähe von Damaskus eskalieren, wenn gerade die UN-Inspektoren in der Stadt waren. Es musste etwas Spektakuläres sein. Die DIA und andere Nachrichtenagenturen teilten unseren ranghohen Militäroffizieren mit, dass das Sarin durch die Türkei geliefert worden war – dass es nur mit türkischer Unterstützung dorthin gelangt sein konnte. Die Türken kümmerten sich auch um die Ausbildung in Sarinproduktion und -handhabung.‘ Diese Einschätzung wurde durch die Türken selbst bekräftigt, in Form von abgefangenen Konversationen unmittelbar nach dem Anschlag. ‚Wesentliche Beweise kamen durch die Freude der Türken unmittelbar nach dem Angriff und den gegenseitigen Gratulationen in zahlreichen Unterhaltungen.’“

In der Tat deutet einiges darauf hin, dass Präsident Erdoğan gewissen radikalen Gruppierungen gegenüber freundlich gesinnt ist, zumindest freundlicher gesinnt als der freien Presse. So wurden Ende 2015 auf die persönliche Anzeige des türkischen Präsidenten hin der Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“ und sein Büroleiter verhaftet, weil diese einen Bericht über angebliche Waffenlieferungen der Regierung an syrische Extremisten verfasst sowie Fotos von diesen Waffenlieferungen veröffentlicht hatten.[xviii] Eine kurze Zusammenfassung des Hintergrunds der Geschichte: Am 1. Januar 2015 erhielt Staatsanwalt Aziz Takci, damals Anti-Terror-Ermittler im türkischen Adana von der Gendarmerie den Hinweis, dass ein Lastwagen voller Waffen unterwegs sei.[xix] Er unterschrieb einen Durchsuchungsbefehl, weil er fürchtete, die Waffen könnten für Anschläge bestimmt sein. Bevor der Lastwagen kontrolliert werden konnte, verhinderten allerdings Geheimdienstleute die Durchsuchung. Knapp drei Wochen später, am 19. Juli 2015, ging erneut ein anonymer Hinweis bei der Gendarmerie ein, dass drei Lastwagen voller Waffen unterwegs seien. Der Staatsanwalt erstellte einen Durchsuchungsbefehl und ließ die Lastwagen öffnen, obwohl diese von Geheimdienstleuten – welche allerdings kein Schreiben bei sich trugen – begleitet wurden. Erst als der Gouverneur von Adana persönlich erschien, ein Geheimdienstschreiben überreichte und erklärte, Premierminister Erdoğan [also der heutige Präsident] habe persönlich den Transport angeordnet, durften die Lastwagen weiterfahren. Die Zeitung „Cumhuriyet“ veröffentlichte Aufnahmen der Waffen, Munition und Raketen, die diese Lastwagen transportiert hatten[xx], wofür sich der Chefredakteur und der Büroleiter der Zeitung letztendlich vor Gericht verantworten mussten. Den mehr als dreißig Gendarmerie-Offizieren, die bei der Durchsuchung der Lastwagen sowie bei der versuchten Durchsuchung des Lastwagens drei Wochen zuvor zugegen gewesen waren, wurde Militärspionage und Umsturzversuch der Regierung vorgeworfen.[xxi]

Mitteilungen der örtlichen Presse gemäß wurden im Mai 2013 zwölf Mitglieder Jabhat an-Nusras im Süden der Türkei (Adana und Mersia) festgenommen. Bei einer Hausdurchsuchung der Verdächtigen soll ein 2-kg-Zylinder mit Sarin gefunden worden sein[xxii],[xxiii], was aber vom Gouverneur der betroffenen Provinz abgestritten wird. Allerdings bestätigte er, dass „unbekannte chemische Materialien“ gefunden worden seien.[xxiv] In einer 130-seitigen Anklageschrift wurde der Gruppe vorgeworfen, versucht zu haben, Zünder, Rohre für Mörser und Sarinpräkursoren zu erwerben. Ein DIA (Defense Intelligence Agency)-Papier, auf das Hersh Bezug nimmt, sieht hierin einen weiteren Beleg, dass die Nusra-Front dabei war, ihren Zugang zu chemischen Waffen auszubauen.[xxv]

Wenige Tage nach den Sarin-Angriffen wurde Jobar, die direkt an Ost-Ghouta grenzende Gemeinde Damaskus‘, die bis zu diesem Zeitpunkt von Liwa al-Islam und Jabhat-an-Nusra-Eliteeinheiten gehalten worden war, zurückerobert. Die syrischen Streitkräfte stießen am 24. August in einem Tunnel der Terroristen auf chemische Substanzen, was das Kamerateam von ANNA-News auf Video dokumentierte. Gefunden wurden u.a. Plastiktonnen mit Chemikalien, Gasmasken und Sprengstoff sowie Päckchen mit Gegenmittel bei chemischen Vergiftungen. Einige der Soldaten sollen angeblich Erstickungsanfälle erlitten haben. Um welche Chemikalien genau es sich gehandelt hatte, wurde nicht ausgeführt.[xxvi] Das militärische Vorgehen der syrischen Armee gegen die Rebellen in Ghouta in den Tagen nach dem Sarin-Angriff wurde von Gegnern als ein Versuch der Regierung, Beweise zu zerstören, gewertet. Die dominierende Rebellengruppe in Ost-Ghouta war (und ist) die von Zahran Alloush geleitete Gruppierung Liwa al-Islam („Brigade des Islam“), welche am 29. September 2013 mit mehr als 50 anderen Gruppen zu Jaish al-Islam („Armee des Islam“) verschmolz. Wem die gefundenen Chemikalien gehörten – Liwa al-Islam oder Jabhat an-Nusra –, ist also eine offene Frage.

Am 25. August 2013 drohte Jabhat an-Nusra-Oberhaupt Abu Mohammad al-Jolani der syrischen Regierung in einer zweiminütigen Tonaufnahme mit einer „Vergeltung“ für die Sarin-Gas-Attacke.[xxvii] Das Statement trug den Titel „Auge um Auge“, und Jolani sagte u.a.: „Für jede mit chemischen Kampfstoffen gefüllte Rakete, die unser Volk in Damaskus getroffen hat, wird eines ihrer Dörfer [gemeint sind die alawitischen Dörfer an der Westküste] den Preis zu zahlen haben. […] Wir werden tausend Raketen startklar machen, die als Vergeltung für das Ghouta-Massaker auf ihre Städte abgefeuert werden.“[xxviii] Diese Aussage impliziert wegen der „Auge um Auge“-Rhetorik scheinbar, dass Jabhat an-Nusra im Besitz von Sarin sei – viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass Jolani ganz allgemein von „Vergeltung“ sprach, unabhängig davon, mit welchen Waffen sie ausgeführt würde. Die Nusra-Front beschoss auch wirklich im Rahmen dieser Racheaktion einige Dörfer in Latakia[xxix] (ohne Einsatz von Giftgas) und zeigte damit erstmalig, dass die Gruppe in der Tat im Besitz von selbstgefertigten Raketen (Reichweite ca. 8 km) war, wie sie es bereits Mitte Januar 2013 angekündigt hatte.[xxx]

Am 14. Januar 2014 veröffentlichten der ehemalige UN-Waffeninspekteur Richard Lloyd und Theodore A. Postol, Professor für Naturwissenschaft, Technologie und Nationale Sicherheitspolitik am Massachusetts Institute of Technology, einen Bericht[xxxi] über die Saringas-Angriffe vom 21. August 2013. Dort führten sie aus, dass es sich bei den Geschossen nicht um industriell gefertigte Raketen gehandelt habe. Die Reichweite könne nicht viel mehr als zwei Kilometer betragen haben. Mit einer Reichweite von zwei Kilometern könne das Geschoss jedoch nicht aus dem vom Regime kontrollierten Gebiet abgefeuert worden sein, wie das „Weiße Haus“ behauptet hatte. Unabhängig davon nannte der Leiter der UN-Untersuchungskommission Åke Sellström[5] „zwei Kilometer“ auf einer Pressekonferenz eine „faire Schätzung“, gab aber zu bedenken, dass die Reichweite mit der Füllung des Chemikalienbehälters zu tun habe.[xxxii] Lloyd und Postol konnten allerdings in ihrer Untersuchung zeigen, dass der Füllzustand keine fundamentale Rolle spielt.

Eine Gegendarstellung zu Hersh, bzw. Lloyd und Postol hat der Investigativ-Blogger Eliot Higgins, bekannt als „Brown Moses“, unternommen.[xxxiii] Seine Argumentation baut unter anderem darauf auf, dass Sarin nicht einfach so in großen Mengen herzustellen sei. In seinem Blog[xxxiv] vergleicht er die in Ghouta gefundenen mutmaßlichen [der UN-Bericht zeigt später, dass an diesen Objekten tatsächlich Sarin-Rückstände gefunden wurden] Trägerraketen mit denen, die in Videos über frühere angebliche Giftgasattacken aufgetaucht waren. Da diese Objekte keiner bekannten Waffengattung entsprachen, kürzte Higgins sie mit UMLACA („Unidentified Munition Linked to Alleged Chemical Attacks“, d.h. „Unidentifizierte Munition, die im Zusammenhang mit mutmaßlichen chemischen Angriffen auftaucht“) ab, später werden sie als „Volcano-Raketen“ bezeichnet. Diese seien seit Oktober 2013 auch auf Videos der „Nationalen Verteidigungskräfte“ („NDF“, pro-Assad) zu sehen gewesen. Einen Beweis, dass die UMLACA zum Bestand des Arsenals der syrischen Armee gehören, liefert Higgins indes nicht. Postol und Lloyd lobten Higgins‘ Arbeit, zweifelten jedoch seine Schlussfolgerungen, die syrische Armee sei für die Giftgas-Attacke verantwortlich, an. Die Volcano-Raketen seien leicht herzustellen, wenn man erst einmal das Design entwickelt habe, und einige Rebellengruppen hätten Werkstätten zur Verfügung. Die Raketen auf den verschiedenen Aufnahmen/Videos seien zwar baugleich, es könne aber nicht die Rede davon sein, dass sie identisch seien.[xxxv] Allerdings kam am 21. August auch eine M14 140 mm Artillerierakete sowjetischer Bauart zum Einsatz, welche durchaus zum Bestand der syrischen Regierung gehörte.

Ein ehemaliger hochrangiger Geheimdienstbeamter erzählte Seymour Hersh, dass eine Analyse des britischen Geheimdiensts ergeben habe, dass das in Ost-Ghouta verwendete Sarin nicht mit dem Fertigungslos der syrischen Armee übereinstimme.[xxxvi] „Dem amerikanischen und britischen Geheimdienst war seit dem Frühling 2013 bekannt, dass einige Rebelleneinheiten chemische Waffen entwickelten. Am 20. Juni [2013] erstellten Analytiker des amerikanischen Militärgeheimdienstes DIA ein fünfseitiges Themenpapier hoher Geheimhaltungsstufe für den stellvertretenden Direktor des DIA, David Shedd, worin zu lesen war, dass die Nusra-Front eine Sarinproduktionseinheit unterhielt. Das Programm, so hieß es weiter in dem Dokument, sei das am weitesten fortgeschrittene Sarin-Komplott seit al-Qaidas Bemühungen vor dem 11. September“, schreibt Hersh.

Im Bericht einer „Unabhängigen Internationalen Untersuchungskommission für Syrien“ vom 14. Februar 2014[xxxvii] findet sich der Vermerk, das in Ghouta gefundene Sarin trüge dieselben „einzigartigen Kennzeichen“ [„unique hallmarks“] wie das in Khan al-Assal verwendete. Die einzige Analyse, die an einer Probe aus Khan al-Assal durchgeführt wurde, stammte indes von der weiter oben erwähnten russischen Expertenkommission. Die russische Expertenkommission war zu dem Schluss gekommen, dass das Sarin nicht in industrieller Umgebung gefertigt worden sei und verdächtigte die Rebellen. Sollte wirklich, wie die „Unabhängige Internationale Untersuchungskommission für Syrien“ behauptet, das in Ghouta verwendete Sarin dieselben Kennzeichen aufweisen wie das in Khan al-Assal verwendete, wäre das ein Indiz dafür, dass die syrische Armee nicht für den Giftgasanschlag in Ghouta verantwortlich ist. Allerdings führte die „Unabhängige Internationale Untersuchungskommission für Syrien“ selbst keinerlei Analysen durch und gab in ihrem Bericht nicht an, woher ihre Erkenntnisse stammten. Der Sarin-Einsatz wird in diesem Report, der sich auf andere Formen der Menschenrechtsverletzungen konzentriert, äußerst knapp[6] abgehandelt und sollte daher nicht überbewertet werden. Im selben Bericht wird gemutmaßt, dass der Täter wohl Zugang zu den Anlagen des syrischen Militärs gehabt habe, was nicht näher erläutert wird und nicht mit der Analyse der russischen Expertenkommission – welche die einzige ist, auf die Bezug genommen werden kann, auch wenn sie nicht explizit erwähnt wird – im Einklang ist.

Relevant ist auch, was Pierre Piccinin da Prata, ein belgischer Geschichtslehrer, der mehrmals in journalistischer Tätigkeit nach Syrien gereist ist, zu erzählen hat.[xxxviii] Piccinin hatte während des Aufstands Partei für die Opposition ergriffen und zählte nach eigenen Angaben viele Mitglieder der FSA zu seinen Freunden. Im Mai 2012 wurde er vom syrischen Geheimdienst festgenommen, weil dieser ihn für einen französischen Spion gehalten hatte. Nach ein paar Tagen im Gefängnis wurde er des Landes verwiesen. Diese Erfahrung verbesserte seine ohnehin schon negative Auffassung vom Assad-Regime freilich nicht. Als er jedoch am 6. April 2013 zusammen mit Domenico Quirico, einem Korrespondenten der italienischen Zeitung „La Stampa“ zum achten Mal nach Syrien einreiste, wurden die beiden von der Farouq-Brigade, einer Einheit der FSA, die nicht den besten Ruf genießt, gefangen genommen. Piccinins Einschätzung nach mussten sie von jemandem aus der FSA, mit der sie unterwegs gewesen waren, verraten worden sein. Die beiden Reporter wurden in ihrer fünfmonatigen Gefangenschaft sehr schlecht behandelt; interessanterweise beschreibt Piccinin seinen Aufenthalt bei einer Jabhat-an-Nusra-Einheit, an die die Farouq-Brigade ihre Gefangenen – sozusagen zum „Babysitten“ – für eine Woche übergeben hatte, im Vergleich „wie Urlaub“. Die Terroristen teilten mit den Gefangenen ihr Essen, unterhielten sich mit ihnen, behandelten sie „würdevoll“. Zum ersten Mal überhaupt seit ihrer Gefangennahme durften sie ihre Kleidung waschen.

Der Sarin-Angriff auf Ost-Ghouta fand während Piccinins und Quiricos Aufenthalts bei der Farouq-Brigade statt. Am 30. August konnten Piccinin und Quirico ein auf Englisch geführtes Gespräch im Nebenraum zwischen einem FSA-Kommandeur, einem Farouq-Offizier und einer via Skype zugeschalteten Person, die mit britischem Akzent sprach, belauschen. Der FSA-General zeigte sich sehr besorgt über die hohe Anzahl der Toten bei der Sarin-Attacke. Der englische Muttersprachler erwiderte, dass die Situation „außer Kontrolle geraten sei, aber das Opfer sei notwendig gewesen und würde die Ausgangslage für die Revolution völlig verändern“. Piccinin zieht aus dem Gehörten die Schlussfolgerung – und tut diese auch in zahlreichen Interviews kund[xxxix] –, dass eine der Rebellengruppen für die Giftgasattacke verantwortlich gewesen sein müsse. „Es war nicht die Regierung Baschar al-Assads, die Sarin oder irgendein anderes Giftgas in Ghouta eingesetzt hat“, sagte Piccinin dem belgischen „RTL radio“ nach seiner Befreiung.[xl] „Wir sind uns da sicher, weil wir ein Gespräch der Rebellen mitangehört haben. Es schmerzt mich, das zu sagen, denn ich war ein eifriger Unterstützer der Freien Syrischen Armee bei ihrem gerechten Kampf für Demokratie seit 2012.“ Die Revolution habe sich in „etwas sehr Gefährliches“ verwandelt. Die meisten Rebellengruppen seien nur noch Banditen, die die Bevölkerung drangsalierten.[7]

Quirico bestätigte gegenüber „La stampa“, dass dieses Gespräch stattgefunden habe, distanziert sich jedoch von den Schlussfolgerungen seines Kameraden. Ja, die drei Männer seien sich darüber einig gewesen, dass Aufständische für die Giftgasattacken verantwortlich seien, doch aus der Konversation sei nicht hervorgegangen, ob ihre Meinung auf Fakten oder bloß auf Gerüchten basiere.

Mutter Agnes Mariam de la Croix, Oberin des St. James Klosters, die seit ca. zwanzig Jahren in Syrien lebt, gab Ende 2013 einen 50-seitigen Bericht[xli] heraus, in welchem sie die „Youtube“-Videos verglich, welche kurz nach den Giftgasattacken ins Internet gestellt worden waren. Diese Videos, die die Opfer des Sarin-Gas-Angriffs zeigten, wurden u.a. von der Obama-Regierung dem Kongress vorgelegt, um ihn zur Zustimmung eines Angriffs auf Syrien zu bewegen. Mutter Agnes Mariam de la Croix stellte fest, dass die Opfer nicht die demographische Verteilung einer normalen syrischen Gesellschaft widerspiegelten. Unter den Opfern befanden sich überproportional viele Kinder, einige Männer und fast überhaupt keine Frauen. Beim Vergleich mehrerer Videos, die vorgeblich aus verschiedenen Ortschaften stammten, zeigte sich, dass dieselben Kinder in mehreren Videos auftauchten:

syrische Kinder Ghouta
Zwei Standbilder aus Youtube-Videos: Das obere Bild stammt angeblich aus der Region al-Marj (https://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=PGW9L2uK4DY), das untere Bild trägt das Logo Kafr Batnas (https://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=ZkGa2jr9MBA)

Es stellt sich die Frage, weshalb die Leichname dieser Kinder von A nach B transportiert wurden, während hunderte Einwohner in Not waren und medizinische Hilfe benötigten. Oder befanden sich beide Räume etwa im selben Gebäude, und die Körper wurden auf unterschiedliche Weise arrangiert, um den Eindruck zu erwecken, es handele sich um zwei völlig verschiedene Szenen? Im Video aus Kafr Batna ist außerdem in voller Deutlichkeit zu sehen, wie eine weiß gekleidete Frau einem der Kinder eine Injektion gibt, was die Frage aufkommen lässt, ob diese Kinder überhaupt tot sind. Mutter Agnes Mariam zieht aus diesen und anderen Diskrepanzen zwischen den Videoaufnahmen den Schluss, dass diese Videos arrangiert worden waren, wofür sie in der westlichen Presse viel Kritik erntete.

Laut Seymour Hershs Darstellung in „The Red Line and The Rat Line“ häuften sich nach kurzer Zeit die Indizien, dass die Sarin-Attacke nicht von der syrischen Regierung verübt worden war. Der US-Generalstab stand der Behauptung, Assad hätte zu diesem Zeitpunkt des Kriegs – d.h. als er dabei war, zu gewinnen – Giftgas eingesetzt, von Anfang an skeptisch gegenüber und forderte von der DIA und den anderen US-Nachrichtendiensten, substantiellere Beweise für die Schuld der syrischen Regierung zu liefern. Nachdem der Bericht des britischen Geheimdienstes ergeben hatte, dass das zum Einsatz gekommene Sarin nicht mit dem Fertigungslos der syrischen Armee übereinstimmte, trug der Generalstab seine Bedenken, der geplante Angriff der USA auf Syrien könne ungerechtfertigt sein, dem Präsidenten vor.[xlii]

Obwohl der Angriff auf Syrien für Anfang September geplant war, beschloss Obama am 31. August überraschend, sich die Zustimmung des Kongresses zu holen, derer er in rechtlicher Hinsicht nicht bedurfte.[xliii] Wenn man bedenkt, dass der britische Premierminister David Cameron wenige Tage zuvor eine Befragung des Unterhauses zum Syrieneinsatz verloren hatte, kann dies auch als ein Versuch Obamas gewertet werden, der Verpflichtung, auf die mutmaßliche Verletzung der „Roten Linie“ zu reagieren, auszuweichen. Da das Weiße Haus mehrfach behauptet hatte, mit „absoluter Sicherheit“ zu wissen, dass Assad hinter dem Giftgasangriff stand, war es unmöglich, einen Irrtum zuzugeben.

Auf die Initiative Russlands hin erklärte sich Syrien bereit, sein Chemiewaffenarsenal zu zerstören. Die USA gingen bereitwillig auf diesen Vorschlag ein. Schon am 14. September einigten sich die USA und Russland auf ein „Rahmenprogramm zur Zerstörung der syrischen Chemiewaffen“[xliv]; am selben Tag trat Syrien der Chemiewaffenkonvention bei, die die Entwicklung, Herstellung, Lagerung und den Einsatz chemischer Waffen verbietet. Am 21. September händigte Syrien der OPCW (OVCW: Organisation für das Verbot Chemischer Waffen) eine Liste seiner Chemiewaffenbestände aus.

Im Untersuchungsbericht der UN-Kommission vom 16. September 2013 wurde der Einsatz von Sarin mittels Boden-Boden-Raketen bestätigt.[xlv] Die Untersuchungskommission unternahm in ihrem Bericht keinerlei Spekulationen darüber, wer für den Angriff verantwortlich sein könnte, wozu sie auch kein Mandat hatte.

Am 15. Februar 2015 wurden mindestens vier syrische Regierungssoldaten in Darayya, einer Vorstadt von Damaskus, einer Substanz ausgesetzt, bei der es sich nach einem Bericht der OPCW höchstwahrscheinlich um Sarin gehandelt hatte.[xlvi] Der OPCW-Bericht drückte sich wie folgt aus: „Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass einige derjenigen, die in den mutmaßlichen Vorfall vom 15. Februar 2015 involviert waren [gemeint sind die Soldaten, deren Blutproben vorlagen] zu einem Zeitpunkt Sarin oder einer Sarin-ähnlichen Substanz ausgesetzt gewesen sind. Die FFM [Fact-Finding Mission] konnte die Blutprobenanalysen jedoch nicht eindeutig [„confidently“] mit diesem speziellen Vorfall in Zusammenhang bringen und auch nicht bestimmen wie, wann und unter welchen Umständen die Männer der Substanz ausgesetzt gewesen waren.“[xlvii] Um sich Klarheit zu verschaffen, erbat sich die Fact-Finding Mission der OPCW von der syrischen Regierung zusätzliche Informationen. Vom 26. bis 31. Januar 2016 reisten die OPCW-Experten nach Damaskus. Die Inspektion bestätigte die oben wiedergegebene Schlussfolgerung der OPCW, konnte aber keine signifikanten neuen Informationen zu Tage fördern. Theoretisch ist also nicht auszuschließen, dass die Soldaten sich absichtlich vergiftet hatten und dann bei ihrer Zeugenaussage logen, bzw. dass sie von anderen, als Rebellen getarnten Soldaten vergiftet worden waren.

Am 10. September 2014 stellte eine Untersuchungskommission der OVCW den systematischen Einsatz einer Chemikalie, vermutlich Chlorgas, in Syrien fest. Da Chlor eine für viele zivile Anwendungen benötigte Chemikalie ist, steht es nicht auf der Verbotsliste der Chemiewaffenkonvention und ist allen Konfliktparteien zugänglich. Allerdings ist sein Einsatz als Waffe verboten. Betroffen waren die Dörfer Talmanes, Al Tamanah und Kafr Zeta. Auf dem Weg nach Kafr Zeta waren die Fahrzeuge der Untersuchungskommission wiederholt von Bewaffneten angegriffen worden, so dass die Interviews mit Medizinpersonal und Zeugen schließlich außer Landes geführt werden mussten.[xlviii]

Im Verlauf der Jahre 2014 und 2015 kam es zu mehreren Meldungen über den Einsatz von Chemikalien. Ende August 2016 lag schließlich ein Bericht einer Untersuchungskommission der OPCW[xlix] vor, in welchem die Chlorgasattacken im oben erwähnten Talmenes vom 21. April 2014 und in Sarmin vom 16. März 2015 der Regierung zugeschrieben wurden, während für eine Senfgasattacke bei Marea vom 21. August 2015 der Islamische Staat verantwortlich gemacht wurde. Weitere sechs Fälle konnten keiner Bürgerkriegspartei zugeordnet werden, bzw. der Einsatz von chemischen Waffen konnte weder verifiziert noch ausgeschlossen werden.

Talmenes (Gouvernement Idlib) stand zum fraglichen Zeitpunkt unter Kontrolle Ahrar ash-Shams und Jabhat an-Nusras. Verschiedenen Quellen zufolge wurden zwischen 100 und 200 Personen einer toxischen Substanz ausgesetzt; Todesfälle konnten nicht bestätigt werden. Wie aus Annex IV dieses Reports hervorgeht, stützt sich die Hauptbeweiskraft auf Videoaufnahmen eines Einschlagkraters und Überreste des darauf zu sehenden Geschosses. Da der Ort zum fraglichen Zeitpunkt Ziel von regulärem Artilleriefeuer und Luftangriffen gewesen war, fällt eine Zuordnung zwischen der Chlorbombe und einem konkreten Krater denkbar schwer. Weder die Regierung noch die Opposition bestreiten, dass in Talmenes ein Chlorangriff stattfand.

Die Nachforschungen der Untersuchungskommission ergaben, dass in Sarmin (Gouvernement Idlib) ein von einem Helikopter abgeworfenes Geschoss ein halbfertiges Haus traf, woraufhin Gas ausgetreten war und eine Familie (sechs Personen), die im Keller gelebt hatte, an den Folgen ums Leben gekommen war. Prinzipiell ist das Szenario, eine im Haus befindliche Chlorgasflasche sei bei dem Abwurf einer Bombe zerstört worden, nicht ausgeschlossen. Zumindest im Falle Kafr Zitas (Hama, 18. April), in welchem die Untersuchungskommission zu keinem eindeutigen Ergebnis kommen konnte, wäre dies eine mögliche Erklärung. Zum fraglichen Zeitpunkt hielten sich bewaffnete Rebellengruppen und Jabhat an-Nusra in der Ortschaft auf. Die Gegend war regulärem Artilleriefeuer und Luftangriffen durch die syrische Armee ausgesetzt. Die Regierung bestätigte, dass die syrische Armee einen Luftschlag auf ein Gebäude ausgeführt hatte, in welchem Sprengstoff gelagert wurde. Nachdem die Bombe das Gebäude getroffen hatte, war ein giftiges grünliches Gas ausgetreten. (Aus welchem Grund sollte die Armee ein Sprengstofflager unter Einsatz von Chlorgas bombardieren? Plausibler ist das Szenario, eine Chlorgasflasche habe sich bereits im Gebäude zusammen mit den Waffen befunden.) Einer anderen Quelle zufolge habe die Nusra-Front zudem Granatwerfer mit Chlor eingesetzt, was zu der Behauptung der Regierung passt, die Nusra-Front habe eine improvisierte Rakete, an der ein Gaszylinder angebracht war, abgeschossen.

In Marea (Gouvernement Aleppo) hielten sich mehrere Oppositionsgruppen auf, die sich zum fraglichen Zeitpunkt Angriffen des Islamischen Staats ausgesetzt sahen. Zeugenaussagen und anderen Quellen zufolge sei Marea von über fünfzig Artilleriegeschossen getroffen worden, von denen einige Senfgas enthielten. Die Geschosse seien aus einem vom Islamischen Staat kontrollierten Gebiet abgefeuert worden. Laut OVCW war der Islamische Staat die einzige Konfliktpartei, die sowohl die technischen Möglichkeiten als auch ein Motiv zu der Tat gehabt habe.[8]

Am 23. Juni 2014 meldete die OPCW, dass alle von Syrien deklarierten chemischen Waffen, bzw. deren Präkursoren, das Land verlassen hätten.[l] Die Vernichtung dieser Stoffe durch Drittstaaten war Anfang Januar 2016 abgeschlossen.[li] Von den 27 von Syrien deklarierten Chemiewaffenproduktionsstätten sind bis zum jetzigen Zeitpunkt[9] 24 zerstört. Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage konnten sich die OPCW-Experten den verbliebenen drei Stätten bislang nicht nähern.[lii] Allerdings fanden OPCW-Experten bei der Untersuchung einer nicht von Syrien als Chemiewaffenproduktionsstätte deklarierten Stätte Spuren von Präkursoren von Sarin und VX.[liii],[liv] VX ist wie Sarin ein binärer Kampfstoff und entsteht durch die Mischung von O-Ethyl-O-2-Diisopropylaminoethylmethylphosphonit mit Schwefel. „Foreign Policy“ behauptet, Einsicht in einen „streng vertraulichen“ 75-seitigen Bericht der OPCW zu diesem Thema gehabt zu haben.[10],[lv] Syrien gab zunächst an, dass die unterirdisch angelegte Produktionsstätte „Al Sayid“[11] zu dem Zweck errichtet worden war, Methylphosphonsäuredifluorid und Isopropanol zur Sarin-Produktion herzustellen, allerdings sei das Projekt nie fertiggestellt worden, was auch der Grund sein könnte, weshalb die Produktionsstätte der OPCW nicht gemeldet worden war. Eine weitere mögliche Erklärung wäre, dass die syrische Regierung in der Hoffnung, im Geheimen Nervengas zu produzieren, die Existenz dieser Stätte absichtlich verschwiegen hatte. Als OPCW-Inspektoren im März 2015 in „Al Sayid“ Spuren von Ingredienzen feststellten, die zur Herstellung der Kampfstoffe Sarin und VX benötigt werden, erklärten sich die syrischen Behörden dies dadurch, dass wohl einige Gerätschaften vorher in anderen Chemiewaffenproduktionsstätten gestanden hatten, wo limitierte Experimente zur Herstellung von Sarin und VX durchgeführt worden waren. Internationale Sanktionen hätten Syrien gezwungen, am Equipment zu sparen und es dort einzusetzen, wo es gerade nötig war. Diese und ähnliche Erklärungen hielt die OPCW für „wissenschaftlich nicht plausibel“ – es muss aber betont werden, dass Sanktionen tatsächlich diese Art von „Geräte-Kannibalismus“ zur Folge haben. Im Mai 2016 schließlich meldeten syrische Offizielle, soeben erst von einem 2005 in „Al Sayid“ durchgeführten geheimen Projekt zum kombinierten Einsatz von Sarin und VX erfahren zu haben. Ein mit den jeweiligen Ingredienzen gefüllter Sprengkopf habe nach der Explosion jedoch lediglich die flüssigen Einzelbestandteile von sich gegeben, und eine Wolke habe sich entwickelt. Vermutlich kämen die Spuren, die die Experten festgestellt hatten, daher. Da jedoch keine Aufzeichnungen zu diesem Projekt existierten, konnte die OPCW diesem Ansatz nicht weiter nachgehen.

Am 7. April 2016 meldete ein Sprecher der Kurden, dass bei einem Angriff einer Rebellengruppe auf kurdische Kämpfer in Aleppo (Viertel Sheikh Maqsud) giftige Gase eingesetzt worden waren. Zivilisten wie kurdische Kämpfer seien betroffen. Jaish al-Islam gab zunächst zu, chemische Kampfstoffe eingesetzt zu haben; allerdings habe der Kommandeur ohne entsprechende Anweisungen gehandelt und würde bestraft werden.[lvi] Mohammad Alloush, Oberhaupt des von Saudi-Arabien für die Genfer Friedensverhandlungen aufgestellten „Hohen Verhandlungskomitees“ und politischer Führer Jaish al-Islams, bestritt jedoch in einem Interview mit „Sputnik“, dass seine Gruppierung im Besitz von chemischen Waffen sei.[lvii] Auf einer Videoaufnahme eines lokalen Journalisten war indes eine nach einer Explosion aufsteigende gelbe Wolke zu sehen, und der Kurdische Rote Halbmond bestätigte, dass eine Chemie-Attacke stattgefunden habe. Auch liegen Aussagen von Ärzten, die die Opfer behandelt haben, vor.[lviii] Man kann also davon ausgehen, dass tatsächlich chemisches Gas zum Einsatz gekommen war, da jedoch mehrere islamistische Milizen und FSA-Gruppierungen in der Gegend, aus dem das Geschoss abgefeuert wurde, Stellungen hatten, kann auf den Schuldigen nicht eindeutig geschlossen werden.

Abschließend kommen wir noch einmal auf die Frage des „cui bono?“ im Zusammenhang mit der Sarin-Attacke in Ghouta am 21. August 2013 zurück. Seymour Hershs Recherchen legen nahe, dass die Nusra-Front in der Tat im Besitz von Sarin war, bzw. an der Herstellung von Sarin arbeitete. Doch hatte Jabhat an-Nusra tatsächlich ein Interesse daran, eine amerikanische Invasion zu provozieren, oder war das Sarin – falls vorhanden – zum Einsatz gegen feindliche Soldaten gedacht? Die Gruppe ist historisch aus Widerstandsbewegungen gegen die amerikanische Invasion des Irak hervorgegangen; hinzu kommt, dass Jabhat an-Nusra bereits seit Dezember 2012 in den USA als Terrororganisation geführt wird und daher von einer pro-amerikanischen Regierung, welche nach einem US-Angriff in Syrien eingesetzt werden würde, kaum profitieren dürfte. Vor diesem Hintergrund scheint es befremdlich, dass die Nusra-Front die eigene (sunnitische) Bevölkerung attackiert haben soll, um die Amerikaner ins Land zu holen. Andererseits würde wohl Jabhat an-Nusra wie andere Extremistengruppen auch von dem nach einem Sturz Assads entstehenden Machtvakuum profitieren.

Einen wirklichen Vorteil durch eine amerikanische Invasion hätten diejenigen Gruppierungen gehabt, deren Geldgeber an einem Sturz des Assad-Regimes interessiert waren, westlich unterstützte Gruppierungen eingeschlossen. Unter die wirklichen politischen Rebellen hatten sich schon bald Banditen und Kriegsprofiteure gemischt; unter solchen Elementen findet sich sicherlich die eine oder andere Gruppe, die moralisch zu einer solch schrecklichen Tat imstande gewesen wäre, allerdings wäre die technische Umsetzung für sie wohl nur mit Unterstützung von Spezialisten möglich gewesen, die ihnen ein Sponsorstaat zur Verfügung gestellt haben müsste.

Die dominierende Gruppierung in Ost-Ghouta war zum betreffenden Zeitpunkt[12] Zahran Alloushs Liwa al-Islam, die sich später mit anderen Gruppierungen zu Jaish al-Islam zusammenschloss. Schon damals erhielt Alloushs Gruppe beträchtliche ausländische Unterstützung – hauptsächlich aus der Türkei und den Golfstaaten – und war waffentechnisch die wohl am besten ausgestattete Aufständischengruppierung in Syrien.[lix] In der Tat existieren drei auf den 21. August 2013 – also den Tag der Sarin-Attacke in Ghouta – datierte Videos, welche zeigen, wie Liwa-al-Islam-Kämpfer die von Eliot Higgins beschriebenen UMLACA-Geschosse abfeuern.[lx],[lxi] Der in schlechtem Englisch verfassten Youtube-Beschreibung zufolge sollen die Videos von kurdischen Peschmerga auf dem Handy eines syrischen Rebellen gefunden worden sein, nachdem dieser und zwei weitere Kämpfer an der Grenze getötet worden waren. Liwa al-Islam bestreitet die Authentizität des Videomaterials und meint, es müsse sich um eine von der Regierung fabrizierte Fälschung handeln.[lxii] Fakt ist, dass die Videos das Abfeuern von UMLACA-Geschossen zeigen, und das in bester Handy-Amateurfilmer-Technik. Die Szene wirkt nicht gestellt, die Dialoge und das Allahu-Akbar-Geschrei während des Abfeuerns glaubhaft. Dass die Männer Gasmasken tragen, ist freilich kein Beweis dafür, dass die Raketen Träger für Sarin waren, genauso wenig wie die Liwa-al-Islam-Banner beweisen, dass die Männer wirklich zu Liwa al-Islam gehören.

Die in Katar gegründete „Nationalkoalition“ aus Exilsyrern[13] hatte sich nach dem Sarin-Angriff für eine Intervention des Westens zum Zwecke des Sturzes des Regimes ausgesprochen[lxiii], welche Auffassung allerdings von den meisten Rebellengruppen nicht geteilt wurde.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Labib al-Nahhas, der „Direktor für auswärtige Angelegenheiten“ Ahrar ash-Shams, in einem Beitrag für den britischen „Telegraph“ vom 21. Juli 2015 das britische Unterhaus dafür kritisierte, das Anliegen der britischen Regierung, nach der Ghouta-Giftgas-Attacke militärisch in Syrien einzugreifen, vereitelt zu haben. Daraufhin habe auch Präsident Obama „kalte Füße“ bekommen.[lxiv] In einem Beitrag für die Washington Post vom 10. Juli 2015 warf er der Obama-Administration vor, ihre „Roten Linien“ nicht verteidigt zu haben, wobei er offensichtlich auf Obamas Drohung, der Einsatz von Giftgas würde eine US-Intervention zur Folge haben, anspielte.[lxv]

Die türkische Regierung ihrerseits befürwortete entschieden eine militärische Entfernung Assads. Ein Sieg Assads über die Rebellen wäre schon allein deshalb tragisch für sie, da ein Gutteil der Extremisten wohl in die Türkei fliehen würde.

Der Sarin-Einsatz gegen Soldaten der syrischen Armee in Darayya deutet darauf hin, dass eine der Rebellengruppen Anfang 2015 im Besitz von Sarin war, allerdings kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Soldaten durch ihre eigenen Leute dem Gas ausgesetzt worden waren.

Aus der Unterredung, die die beiden Gefangenen der Farouq-Brigade, Piccinin und Quirico, mitangehört hatten, geht nicht hervor, welche Rebellengruppe genau verantwortlich gewesen sein soll – gesetzt den Fall, dass es sich bei der Unterhaltung um mehr als bloße Spekulationen handelte.

Was die syrische Regierung betrifft, so hatte diese keinerlei Motiv, die „Rote Linie“ zu überschreiten, noch dazu zu einem Zeitpunkt, als sich UN-Inspekteure in der Stadt aufhielten und die syrische Armee auf dem Vormarsch war. Der Brief des syrischen UN-Botschafters Baschar Ja’afari vom 8. Dezember 2012 an die UNO bringt klar zum Ausdruck, dass sich die syrische Regierung der Bedeutung der „Roten Linie“ bewusst war und eine US-Invasion nach Kräften vermeiden wollte.

Im April 2017 ereignete sich ein weiterer größerer Anschlag mit Sarin. Die Vorgeschichte ist, dass US-Außenminister Rex Tillerson am 30. März 2017 erklärte, dass die USA nicht mehr auf einen Regierungswechsel in Syrien hinarbeiten würden, sondern das syrische Volk selbst über das Schicksal Assads entscheiden solle. Nur wenige Tage später, am 4. April 2017, kam es dann in Khan Shaykhun (Provinz Idlib) zu einem Giftgaseinsatz, bei dem 87 Menschen ums Leben kamen. Angeblich war eine mit Sarin bestückte Bombe von einem Kampfflugzeug der Bauart Suchoi-22 abgeworfen worden. Die „Weißhelme“ – eine private Zivilschutzorganisation, der für ihre Arbeit der „Alternative Nobelpreis“ verliehen worden ist – waren nach dem Vorfall rasch zugegen und machten Aufnahmen von der Bergung der Opfer. Während die „Weißhelme“ für ihre wohltätige Arbeit von mehreren Menschenrechtsorganisationen ausgezeichnet wurden, wird ihnen jedoch gleichzeitig von anderen Stellen eine Nähe zu Jabhat al-Nusra vorgeworfen. Die Äußerungen des Pressesprechers des Weißen Hauses Mark Toner legen nahe[lxvi], dass hierin auch der Grund zu suchen ist, weshalb im April 2016 dem Leiter der „Weißhelme“, Raed Saleh, nach der Landung in Washington, D.C. die Einreise in die Vereinigten Staaten, wo er einen Preis für die Arbeit seiner Organisation entgegennehmen hätte sollen, verweigert worden war.

Schnell kam der Verdacht auf, dass es sich bei dem in Khan Shaykhun eingesetzten Gas um Sarin gehandelt haben könnte, welches sich eigentlich gar nicht mehr im Besitz der syrischen Armee befinden sollte. Dennoch wurde die Assad-Regierung nahezu augenblicklich als Schuldiger deklariert. Während die USA, die Türkei etc. davon ausgingen, dass mit Sarin gefüllte Bomben von syrischen Flugzeugen abgeworfen worden waren, behauptete die mit Syrien verbündete russische Regierung, syrische Fliegerbomben hätten eine Lagerhalle der Rebellen getroffen, in welcher auch Bomben, die „giftige Substanzen“ enthielten, gefertigt worden seien. Allerdings gibt Kareem Shaheen, ein Reporter des „Guardian“, der bereits ein, zwei Tage nach dem Giftgasangriff in Khan Shaykhun eintraf, an, keine neueren Zerstörungen durch Bomben an Gebäuden nahe der Stelle, an der das Giftgas ausgetreten sein soll, gesehen zu haben. Ein nahestehendes Lagerhaus sei längst verlassen, die Schäden an den Silos seien nach Angaben der Bevölkerung bereits vor sechs Monaten entstanden.[lxvii] Es gebe keine Kontaminationszone nahe einem der Gebäude, vielmehr sei das Giftgas aus einem Loch in der Straße ausgetreten. Dieser Krater wurde auch von der US-Regierung in einem „White House Intelligence Report“ mit der Sarin-Attacke in Zusammenhang gebracht. Eine von diversen Medien gezeigte und auch in besagtem „Intelligence Report“ verwendete Aufnahme zeigt ein im Krater liegendes, von einer Artillerierakete stammendes, an beiden Enden verschlossenes Rohr, welches als Behältnis für das Sarin gedient haben soll. (Es handelt sich also nicht um einen typischen Gefechtskopf der Armee, sondern um ein improvisiertes Behältnis). Professor Theodore Postol indes sieht keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass ein solcher Krater durch eine mit Sarin bestückte Fliegerbombe entstanden sein könne. Vielmehr deute die Beschaffenheit des Kraters darauf hin, dass er von einem am Boden angebrachten Sprengstoff verursacht worden sei. Entweder sei also dieser Krater nicht der Ort, an dem die Fliegerbombe eingeschlagen war – oder aber das Sarin sei nicht von einem Flugzeug abgeworfen worden, sondern das mit Sarin gefüllte Artillerieraketenrohr sei auf dem Boden liegend zur Explosion gebracht worden. Die Art der Beschädigung des Rohrs lasse darauf schließen, dass sie nicht von einem im Inneren befindlichen Sprengstoff, sondern von einem auf dem Rohr liegenden Sprengstoff herrühre. Allerdings hatte Postol den Eindruck, dass der Schauplatz des Giftgaseinsatzes – also das zerstörte Rohr auf dem Krater –, vor Erstellung der Aufnahmen eventuell manipuliert worden war (sei es nun absichtlich oder unabsichtlich), weshalb aus diesen Indizien keine konkreten Schlüsse auf den Schuldigen gezogen werden könnten.[lxviii]

Nur drei Tage später, am 7. April 2017 griffen die USA mit Marschflugkörpern die Luftwaffenbasis Shayrat an, von welcher aus die syrischen Flugzeuge, die am 4. April Khan Shaykun attackiert hatten, gestartet waren. Stichhaltige Beweise für die Schuld der syrischen Regierung, die über bloße Spekulationen hinausgingen, hatte das „Weiße Haus“ nicht geliefert. Da der Luftwaffenstützpunkt auch von der russischen Luftwaffe genutzt wurde und ein Abkommen in Kraft war, um Zusammenstöße zwischen den beiden Großmächten zu verhindern, war Russland kurz vor dem Angriff von den USA gewarnt worden.

Am 11. April 2017 meldete die Türkei, Rückstände von Sarin im Urin von Opfern aus Khan Shaykhun gefunden zu haben, und am 19. April gab die OPCW nach der Untersuchung der biomedizinischen Proben, die während der Autopsie dreier Opfer entnommen worden waren, bekannt, dass diese Personen in der Tat Sarin oder einer Sarin-ähnlichen Substanz ausgesetzt gewesen waren. Das französische Außenministerium meldete am 26. April 2017, aus Laboruntersuchungen von Proben könne gefolgert werden, dass Assad für den Anschlag verantwortlich sein müsse, da das „Herstellungsverfahren des Sarins (…) typisch für die Methode ist, die in den syrischen Labors entwickelt wurde“. Da diese Bemerkung nicht näher erläutert wurde und der Öffentlichkeit auch keine Untersuchungsberichte vorgelegt wurden, kann auf diese Spur nicht näher eingegangen werden.

Das Gouvernement Idlib befindet sich fast gänzlich unter Rebellenkontrolle, auch die ehemalige al-Nusra-Front hat dort eine starke Präsenz. Da Khan Shaykhun 2014 von Jabhat-al-Nusra-Einheiten eingenommen worden war, ist anzunehmen, dass die Stadt heute unter der Kontrolle der Formation Hay’at Tahrir ash-Sham steht, welche von der ehemaligen Nusra-Front dominiert wird. Mit dieser Vermutung steht in Einklang, dass der syrische Außenminister Walid Muallem bezüglich der von der syrischen Armee am 4. April 2017 in Khan Shaykhun durchgeführten Luftschlägen erklärte, dass ein Waffenlager Jabhat al-Nusras, welches auch Chemikalien beherbergt habe, getroffen worden sei. Zudem hatten mit Tahrir ash-Sham in Verbindung stehende Medienkanäle von der Bombardierung Khan Shaykhuns durch Kampfflugzeuge berichtet.

Sollte es sich beim Giftgas-Einsatz vom 4. April 2017 also um eine „False Flag“-Operation handeln, wäre die Nusra-Front ein Kandidat, wie auch schon beim Sarin-Angriff auf Ghouta im Jahr 2013. Allerdings hat der „Guardian“-Journalist Kareem Shadeen bei seinem Besuch in Khan Shaykhun auch mit einem Vertreter Ahrar ash-Shams gesprochen, welche wohl ebenfalls eine kleine Präsenz dort haben. Das Szenario, dass eine Bombe ein Chemiewaffenlager Jabhat-al-Nusras getroffen und es sich somit weder um einen Giftgas-Einsatz der syrischen Armee, noch um eine „False Flag“-Operation der Nusra-Front gehandelt hat – also im Wesentlichen das von russischer Seite beschriebene Szenario – , wird von Seymour Hersh in seinem am 25. Juni 2017 in „der Welt“ veröffentlichten Artikel vertreten. Dabei stützt er sich u.a. auf die Aussagen eines Nationalen Sicherheitsberaters der US-Regierung, welcher auch für das Verteidigungsministerium und die CIA tätig war. (Mehr dazu hier.)

Was die Frage des „cui bono“ angeht, so gilt eine ähnliche Argumentation wie beim Sarin-Einsatz in Ghouta in 2013. Wenn man bedenkt, dass Syrien 2013 nur ganz knapp einer US-Invasion entgangen ist und wegen der von der OPCW dokumentierten Fälle von Chlor-Angriffen ohnehin bereits unter internationaler Beobachtung stand, dürfte ein Chemiewaffeneinsatz in Khan Shaykhun durch die syrische Armee, bei dem obendrein ausgerechnet Sarin verwendet wurde, welches Syrien überhaupt nicht mehr besitzen dürfte, nur dadurch zu erklären sein, dass Assad kurzzeitig vom Wahnsinn befallen war. In militärstrategischer Hinsicht macht der Einsatz von Sarin in einer solchen Operation keinerlei Sinn, zumal sich Khan Shaykhun nicht an der Frontlinie befindet. Da die syrische Armee in letzter Zeit militärische Erfolge gegen die Rebellen erzielt hatte, ist auch der Sarin-Einsatz als „Verzweiflungstat“ auszuschließen. Hinzu kommt noch, dass das verantwortliche syrische Kampfflugzeug in Shayrat wegen des ebenfalls dort stationierten russischen Personals heimlich mit Sarin hätte beladen werden müssen, d.h. wenn man Russland nicht eine Mittäterschaft unterstellen will. Interessant ist vor allem der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Kurswechsel der USA und dem Einsatz von Sarin in Khan Shaykhun, der die Interpretation, dass es sich um eine „False Flag“-Operation handelte, um die USA wieder auf den „richtigen Kurs“ zu bringen, nicht abwegig erscheinen lässt. Vor dem Hintergrund, dass die USA dabei waren, ihre Syrienpolitik zu überdenken, wirkt ein Einsatz von Sarin durch die syrische Armee noch ein Stück unwahrscheinlicher. Auch Günter Meyer, der Orientexperte der Universität Mainz, bemerkte in einem Interview mit dem Radiosender „WDR5“, dass die „Rote Linie“ der Amerikaner die Rebellen geradezu zu einer „False Flag“-Operation einlade.[lxix]

Der ehemalige britische Botschafter in Syrien, Peter Ford, äußerte in einem Interview mit der BBC ebenfalls mehr als deutliche Zweifel daran, dass die Assad-Regierung für den Giftgaseinsatz verantwortlich war, und bemerkte, dass die Reaktion der USA den Jihadisten „tausend Gründe“ in die Hand gebe, um „False Flag“-Operationen durchzuführen, und es sei sehr wahrscheinlich, dass sie das auch tun würden. Assad sei nicht wahnsinnig, sagte der ehemalige britische Botschafter und führte aus, dass ein Giftgaseinsatz für die syrische Regierung weder militärisch noch politisch Sinn mache. Weiterhin berichtete er von einem von der UN dokumentierten Fall im August 2016, in dem Rebellen (es geht aus seinen Worten nicht hervor, um welche Gruppe es sich handelte) Zivilisten mit Chlorgas angegriffen hätten [„mounted a chlorine gas attack on civilians“], um die Tat dann der syrischen Armee in die Schuhe zu schieben.

Am 26. Oktober 2017 veröffentlichte die OPCW einen Bericht[lxx], in dem sie sich sehr „zuversichtlich“ [confident] zeigte, dass die syrische Armee für den Sarin-Einsatz verantwortlich sei. Das von Proben aus Khan Shaykhun stammende Sarin sei höchstwahrscheinlich mit DF (Methylphosphonsäuredifluorid) aus dem Bestand der syrischen Armee hergestellt worden. So weit, so gut. Nun gibt das OPCW-Expertenteam in Punkt 14 des Dokuments allerdings an, nicht selbst vor Ort gewesen zu sein. Bei der besagten Sarinprobe handelt es sich also höchstwahrscheinlich um Material, das ihm von der Türkei übergeben wurde – einem nicht unbedingt neutralen Player in der Syrienkrise. (Rein theoretisch steht also noch nicht einmal fest, ob die Opfer in Khan Shaykhun an Sarin oder an einer anderen Chemikalie gestorben waren, denn die von der Türkei untersuchten Toten müssen nicht zwangsläufig aus Khan Shaykhun stammen). Khan Shaykhun ist eine von Rebellen kontrollierte Stadt – sich allein auf indirekte Quellen wie z.B. Zeugenaussagen und von diesen übermitteltes Bildmaterial zu stützen, scheint etwas gewagt, da die Neutralität dieser Zeugen nicht gewährleistet ist, und dennoch ist das Expertenteam aus Mangel an Alternativen so vorgegangen. Auch die Herleitungen, die der Bericht über den Tathergang macht, müssen aufgrund des Unvermögens des Teams, eine eigene Spurensicherung durchzuführen, mit Skepsis betrachtet werden. Hinzu kommt, dass die OPCW ausschließlich den bereits erwähnten Krater als Austrittsort des Sarins untersucht hat, nicht aber die russische Version, wonach die Giftgaswolke (nicht zwangsläufig Sarin) durch die Bombardierung eines mit Chemikalien gefüllten Lagerhauses zustande kam. Aus Punkt 38 des Berichts geht hervor, dass ursprünglich acht mögliche Szenarien in Betracht gezogen worden waren, jedoch nur zwei näher untersucht wurden: nämlich a), dass das Sarin durch eine Fliegerbombe freigesetzt worden war (der Krater wäre somit der Auftreffpunkt), oder b) dass eine improvisierte Sarinbombe am Boden explodiert war (und den Krater erzeugt habe). Wie man sieht, steht und fällt die Argumentation mit der Behauptung, dieser Krater sei in der Tat der Tatort. Die OPCW kommt zu dem Schluss, dass besagter Krater von einer Fliegerbombe erzeugt worden sein muss – welche Information aber, wie gesagt, nur dann von Wert ist, wenn das Gift auch wirklich mit dem Krater in Zusammenhang steht. Da die OPCW in Erfahrung gebracht hat, dass der Krater mittlerweile mit Beton gefüllt wurde, wird dies wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben.

Beim vorangegangenen Text handelt es sich um einen Auszug aus meinem Buch „Das Echo der Straße – Eine Analyse der Wurzeln des Syrienkonflikts“, welches unter meinem Mädchennamen Janine Scherer erschienen ist.

[1] Wenn in einem Artikel also unspezifiziert die Rede davon ist, dass eine „Sarin-Vorstufe“ oder „Spuren einer Chemikalie, die zur Sarin-Herstellung verwendet wird“ oder ein „Sarin-Präkursor“ bei der Durchsuchung von verdächtigen Personen oder bei der Inspektion eines Labors gefunden wurde, dann geht im Grunde genommen nicht hervor, ob das  durchaus suspekte Methylphosphonsäuredifluorid oder gewöhnliches Isopropanol gemeint ist. Ähnlich steht es mit dem binären Kampfstoff VX, zu dessen Herstellung Schwefel benötigt wird. Logischer ist natürlich die Annahme, dass die Polizei nicht lediglich wegen ein paar Männern mit Kanistern voll Isopropanol zu einem Großeinsatz aufläuft und die OPCW nicht alarmiert wird, weil ein Wissenschaftler Gerätschaften in seinem Labor mit Isopropanol reinigt. Wenn ich selbst im Folgenden Begriffe wie „Vorstufe“ oder „Präkursor“ verwende, bedeutet das, dass mir nicht bekannt ist, ob es sich um Methylphosphonsäuredifluorid, Isopropanol oder beide Chemikalien handelte.

[2] In einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen vom Oktober 2016 äußerte Assad, dass die USA absichtlich die Entsendung einer Untersuchungskommission zu dem Vorfall von Khan al-Assal hinausgezögert hätten: https://www.youtube.com/watch?v=b_zMWv804l0

[3] Der UN-Botschafter Russlands Vitaly Churkin sagte, die Proben seien in einem von der OPCW zertifizierten Labor in Russland ausgewertet worden: „Russia claims Syria rebels used sarin at Khan al-Assal“ (BBC, 9. Juli 2013)

[4] Carla del Ponte war u.a. Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien und Botschafterin für die Schweiz in Argentinien.

[5] Sellström überwachte in den 90er Jahren die Zerstörung irakischer Chemiewaffen und gehörte einer UN-Untersuchungskommission an, die 2002 überprüfen sollte, ob die irakische Regierung an der Produktion von Massenvernichtungen arbeitete. Die Kommission fand keine Beweise dafür, dass der Irak ein Massenvernichtungswaffenprogramm betrieb.

[6] Dem Thema werden lediglich 16 Zeilen in einem 63-seitigen Bericht gewidmet.

[7] Und in der Tat machen auch die Oppositionsgruppen einander bisweilen dahingehende Vorhaltungen. So warf beispielsweise Jabhat al-Nusra den von den USA unterstützten moderaten Rebellenformationen „Syrische Front der Revolutionäre“ (Jabhat Thowar Souriya) und Harakat Hazm im Verlauf des Jahres 2014 Korruption und Kriegsprofitmacherei vor. Nach einem siegreichen Kampf gegen diese Gruppen sagte Jolani in einem Interview vom 4. November 2014 über die „Syrische Front der Revolutionäre“, dass ihr viele „Diebe und Highway-Räuber“ angehörten. Allerdings war der Nusra-Front an einer Diskreditierung dieser Gruppen gelegen, da sie fürchtete, irgendwann einmal selbst zum Ziel von deren amerikanischen Waffen zu werden. Auch Jaish al-Islam startete Anfang 2015 in Douma einen Anti-Korruptionsfeldzug gegen den dortigen Rivalen Jaish al-Ummah. In der Tat hatte sich Jaish al-Ummah mit Aktionen wie der „Besteuerung“ aller Lebensmittel, die ins belagerte Douma gebracht wurden, auch bei der Bevölkerung nicht beliebt gemacht. (Charles Lister: „The Syrian Jihad“ (Hurst, 2015))

[8] Erschwert wurden die Ermittlungen nach Angaben der OVCW-Untersuchungskommission durch folgende Punkte: a) In einigen Fällen konnten die Ermittlungen erst mehr als zwei Jahre nach den Vorfällen geführt werden, b) die der Kommission übergebenen Materialien waren nicht sorgfältig genug aufbewahrt worden, c) die Informationsquellen und Materialien waren von sekundärer oder tertiärer Natur, d) einige der Informationen über das Ausmaß und die Natur des Vorfalls waren irreführend, e) unabhängige Informationsquellen zu finden, stellte sich als schwierig heraus.

[9] Stand: Ende 2016

[10] Ein öffentlich zugänglicher Bericht liegt nicht vor.

[11] Auch wenn die Formulierung in „Foreign Policy“ nicht eindeutig ist, scheint es doch so zu sein, dass Syrien selbst die OPCW-Inspekteure über die Existenz „Al Sayids“ informiert hatte.

[12] und ist es immer noch

[13] Der ihr zu diesem Zeitpunkt angehörende Nationalrat wird von der Muslimbruderschaft dominiert. Ein säkulares Mitglied sagte gegenüber „Reuters“, dass mehr als die Hälfte der Mitglieder des Rates Islamisten seien: Erika Solomon, Ayman Samir: „Syria opposition’s SNC seeks backers but lacks leaders“ (Reuters, 17. Februar 2012)

[i] „Report of the United Nations Mission to Investigate Allegations of the Use of Chemical Weapons in the Syrian Arab Republic on the alleged use of chemical weapons in the Ghouta area of Damascus on 21 August 2013” (UN): https://disarmament-library.un.org/UNODA/Library.nsf/780cfafd472b047785257b1000501037/e4d4477c9b67de9085257bf800694bd2/$FILE/A%2067%20997-S%202013%20553.pdf

[ii] „Identical letters dated 8 December 2012 from the Permanent Representative of the Syrian Arab Republic to the United Nations addressed to the Secretary-General and the President of the Security Council” (General Assembly Security Council: http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2012/917)

[iii] Elizabeth Neisloss: „Syria proposes Mideast free of WMD” (CNN, 17. April 2013)

[iv] Мария Ходынская-Голенищева: „’На правильной стороне истории‘ – сирийский кризис“ (Mariya Khodynskaya-Golenishcheva: „’Na pravilnoy storone Istorii‘ – siriyskiy krisis”, bislang nur in russischer Sprache erschienen)

[v] Matthew Schofield: „Russia gave UN 100-page report in July blaming Syrian rebels for Aleppo sarin attack” (McClatchyDC, 5. September 2013)

[vi] Louis Charbonneau: „Russia: Syria rebels likely behind Aleppo chemical attack” (Reuters, 9. Juli 2013)

[vii] „Identical letters dated 19 March 2013 from the Permanent Representative of the Syrian Arab Republic to the United Nations addressed to the Secretary-General and the President of the Security Council” (United Nations Security Council: http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2013/172)

[viii] Aryn Baker: „Syria’s Civil War: The Mystery Behind a Deadly Chemical Attack” (TIME, 1. April 2013)

[ix] „Identical letters dated 19 March 2013 from the Permanent Representative of the Syrian Arab Republic to the United Nations addressed to the Secretary-General and the President of the Security Council” (United Nations Security Council: http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2013/172)

[x] Aryn Baker: „Syria’s Civil War: The Mystery Behind a Deadly Chemical Attack” (TIME, 1. April 2013)

[xi] Stephanie Nebehay: „U.N. has testimony that Syrian rebels used sarin gas: investigator” (Reuters, 5. Mai 2013)

[xii] Anne Barnard, Alan Cowell: „Syrian Rebels Say They Downed Helicopter Amid New Claims on Chemical Weapons” (New York Times, 6. Mai 2013)

[xiii] „Uno bestätigt Einsatz von Nervengift bei Damaskus” (Spiegel, 16. September 2013)

[xiv] Barton Gellman, Greg Miller, Julie Tate: „‘Black budget’ summary details U.S. spy network’s successes, failures and objectives” (Washington Post, 29. August 2013)

[xv] Seymour Hersh: „Whose Sarin?“ (London Review of Books, 19. Dezember 2013)

[xvi] Seymour Hersh: „Whose Sarin?“ (London Review of Books, 19. Dezember 2013)

[xvii] Seymour Hersh: „The Red Line and the Rat Line“ (London Review of Books, 17. April 2014)

[xviii] „Führende Journalisten in der Türkei verhaftet“ (Süddeutsche Zeitung, 26. November 2015)

[xix] Hasnain Kazim: „Vom Staatsanwalt zum Staatsfeind“ (Der Spiegel, 28. März 2015)

[xx] „Turkey seeks life terms for men halting Syria bound arms cargo“ (PressTV, 4. Juli 2015)

[xxi] Hamdi Istanbullu, Humeyra Pamuk, Nick Tattersall, Andrew Roche: „Video purports to show Turkish intelligence shipping arms to Syria” (Reuters, 29. Mai 2015)

[xxii] „Turkey finds sarin gas in homes of suspected Syrian Islamists – reports” (Russia Today, 30. Mai 2013)

[xxiii] David Barnett: „Reports claim Al Nusrah Front members in Turkey were planning sarin gas attacks” (The Long War Journal, 31. Mai 2013)

[xxiv] Jonathon Burch: „Turkey arrests 12 in raids on ‚terrorist‘ organization“ (Reuters, 30. Mai 2013)

[xxv] Seymour Hersh: „The Red Line and the Rat Line“(London Review of Books, 17. April 2014)

[xxvi] „Syrian rebels use toxic chemicals against govt troops near Damascus – state media” (Russia Today, 24. August 2013)

[xxvii] Anne Gearan, Loveday Morris, Colum Lynch: „U.N. to inspect site of alleged chemical weapons attack in Syria; lawmakers call for U.S. military response” (Washington Post, 25. August 2013)

[xxviii] Mahmoud Habboush: „Syria’s Nusra threatens to rocket Alawites over alleged chemical attack” (Reuters, 25. August 2013)

[xxix] Abdallah Suleiman Ali: „Jabhat al-Nusra starts its own weapons factory” (Al Monitor, 24. April 2014)

[xxx] Charles Lister: „The Syrian Jihad: Al-Qaeda, the Islamic State and the Evolution of an Insurgency“ (Hurst, 2015)

[xxxi] Richard Lloyd, Theodore A. Postol: „Possible Implications of Faulty US Technical Intelligence in the Damascus Nerve Agent Attack of August 21st, 2013”: https://docs.google.com/a/mintpressnews.com/file/d/0B6-GpDfsYECES3lOTUlneldpZ1Boenl1bGV5YkVnY29WdGNF/edit

[xxxii] „Press conference on investigative team’s report relating to the use of chemical weapons in Syria”: https://www.youtube.com/watch?v=5CFn9pWNKeI

[xxxiii] Eliot Higgins, Dan Kaszeta: „It’s clear that Turkey was not involved in the chemical attack on Syria” (The Guardian, 22. April 2014)

[xxxiv] „A Detailed Summary Of The Evidence On Munitions Linked To The August 21st Attacks” (Brown Moses Blog, 2. September 2013)

[xxxv] Carmen Russell-Sluchansky: „The Failed Pretext For War: Seymour Hersh, Eliot Higgins, MIT Rocket Scientists On Sarin Gas Attack” (Mintpress, 15. April 2015)

[xxxvi] „The Red Line and the Rat Line“: http://www.lrb.co.uk/v36/n08/seymour-m-hersh/the-red-line-and-the-rat-line

[xxxvii] „Report of the independent international commission of inquiry on the Syrian Arab Republic”: http://www.refworld.org/docid/53182eed4.html

[xxxviii] Pierre Piccinin da Prata: „Syrie – Grand-reportage – Mon effrayante Odyssée au Pays de Satan”: http://www.pierrepiccinin.eu/article-syrie-grand-reportage-mon-effrayante-odyssee-120344402.html

[xxxix] Umberto Bacchi: „Syria: Assad not Responsible for Ghouta Gas Attack, Says Freed Hostage Pierre Piccinin” (International Business Times, 9. September 2013)

[xl] Umberto Bacchi: „Syria: Assad not Responsible for Ghouta Gas Attack, Says Freed Hostage Pierre Piccinin” (International Business Times, 9. September 2013)

[xli]http://www.globalresearch.ca/STUDY_THE_VIDEOS_THAT_SPEAKS_ABOUT_CHEMICALS_BETA_VERSION.pdf

[xlii] Seymour Hersh: „The Red Line and the Rat Line“ (London Review of Books, 17. April 2014)

[xliii] „Obama lässt Kongress über Angriff auf Syrien entscheiden” (Der Spiegel, 31. August 2013)

[xliv] „Framework for Elimination of Syrian Chemical Weapons” (U.S. Department of State): http://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2013/09/214247.htm

[xlv] „Report of the United Nations Mission to Investigate Allegations of the Use of Chemical Weapons in the Syrian Arab Republic on the alleged use of chemical weapons in the Ghouta area of Damascus on 21 August 2013” (UN, 16. September 2013): https://disarmament-library.un.org/UNODA/Library.nsf/780cfafd472b047785257b1000501037/e4d4477c9b67de9085257bf800694bd2/$FILE/A%2067%20997-S%202013%20553.pdf

[xlvi] „Blutproben von Soldaten legen Giftgasangriff nahe“ (Die Welt, 9. Februar 2017)

[xlvii] „Letter dated 28 March 2016 from the Secretary-General addressed to the President of the Security Council” (UN, 29. März 2016): http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2016/285

[xlviii] „OPCW Fact Finding Mission: ‚Compelling Confirmation‘ That Chlorine Gas Used as Weapon in Syria” (OPCW): https://www.opcw.org/news/article/opcw-fact-finding-mission-compelling-confirmation-that-chlorine-gas-used-as-weapon-in-syria/

[xlix] „Third report of the Organization for the Prohibition of Chemical Weapons – United Nations Joint Investigative Mechanism”: http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2016/738

[l] „Announcement to media on last consignment of chemicals leaving Syria” (OPCW, 23. Juni 2014): https://www.opcw.org/news/article/announcement-to-media-on-last-consignment-of-chemicals-leaving-syria/

[li] „Destruction of declared Syrian chemical weapons completed” (OPCW, 4. Januar 2016): https://www.opcw.org/news/article/destruction-of-syrian-chemical-weapons-completed/

[lii] „Progress in the Elimination of the Syrian Chemical Weapons Programme” (OPCW, 22. Dezember 2016): https://www.opcw.org/fileadmin/OPCW/EC/84/en/ec84dg06_e_.pdf

[liii] Colum Lynch: „Chemical Weapons Watchdog Continues Hunt for Syria’s Elusive Nerve Agent” (Foreign Policy, 16. September 2016)

[liv] Anthony Deutsch: „Exclusive: Weapons inspectors find undeclared sarin and VX traces in Syria – diplomats” (Reuters, 8. Mai 2015)

[lv] Colum Lynch: „Chemical Weapons Watchdog Continues Hunt for Syria’s Elusive Nerve Agent” (Foreign Policy, 16. September 2016)

[lvi] „Syrian Islamist group Jaysh al-Islam admits using banned weapons against Kurds in Aleppo” (Russia Today, 8. April 2016)

[lvii] „Jaysh al-Islam Leader Denies Using Chemical Weapons in Northern Syria” (Sputnik, 15. April 2016)

[lviii] „Aleppo district shelled with chemical gas – local journalist to RT” (Russia Today, 7. April 2016)

[lix] Charles Lister: „The Syrian Jihad: Al-Qaeda, the Islamic State and the Evolution of an Insurgency“ (Hurst, 2015)

[lx] „An Examination Of Videos Claiming Liwa Al-Islam Were Responsible For the August 21st Sarin Attack” (Brown Moses Blog, 16. September 2013)

[lxi] „Liwa Al Islam Videos – Improved Quality” (28. September 2013): http://whoghouta.blogspot.ru/2013/09/liwa-al-islam-videos-improved-quality.html

[lxii] „An Examination Of Videos Claiming Liwa Al-Islam Were Responsible For the August 21st Sarin Attack” (Brown Moses Blog, 16. September 2013)

[lxiii] „US: Sarin gas used in Syria chemical attacks” (Deutsche Welle, 1. September 2013)

[lxiv] Labib al-Nahhas: „I’m a Syrian and I fight Isil every day. It will take more than bombs from the West to defeat this menace” (The Telegraph, 21. Juli 2015)

[lxv] Labib al-Nahhas: „The deadly consequences of mislabeling Syria’s revolutionaries” (Washington Post, 10. Juli 2015)

[lxvi] https://www.youtube.com/watch?v=792ODrhwKkk

[lxvii] Kareem Shaheen: „’The dead were wherever you looked‘: inside Syrian town after gas attack” (The Guardian, 6. April 2017)

[lxviii] Theodore Postol: „A Quick Turnaround Assessment of the White House Intelligence Report Issued on April 11, 2017 About the Nerve Agent Attack in Khan Shaykhun, Syria” (17. April 2017, http://imgur.com/a/W4zQx)

[lxix] http://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-morgenecho-interview/audio-giftgasangriff-in-syrien-100.html

[lxx] https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1734930.pdf