Zwischenkriegszeit: Allgemeines

French Mandate
Syrien zur Zeit des französischen Mandats (1)

Die Teilung des ehemaligen osmanischen Großreichs anhand völlig willkürlicher Grenzen bringt allerhand Probleme mit sich. So sieht sich Aleppo von dem es versorgenden Hinterland durch die frisch gezogene türkisch-syrische Grenze abgeschnitten – umgekehrt findet sich die Agrargegend um Diyarbakir in Syrien wieder, während ihr Hauptmarkt in der Türkei gelandet ist.
Die Handelsstadt Aleppo hat zu Mosul und Bagdad, mit denen es auch durch eine Bahnlinie verbunden ist, weit engere Beziehungen als zu Damaskus, zu dem man von Aleppo aus nur auf recht umständlichem Wege gelangen kann. Damaskus wiederum sieht sich Beirut und Jerusalem verbunden.
Viele Hafenarbeiter Haifas, das nun Palästina angehört, kommen vom Hauran-Plateau im Süden Syriens und sehen sich plötzlich durch eine Grenze von ihrem Arbeitsort getrennt; durch das Gebiet einiger Nomadenstämme um Deir az-Zor verläuft die syrisch-irakische Grenze. Syrische Händler müssen Importzölle errichten, wenn sie ihre Textilien in Palästina verkaufen wollen.
Im Versuch, einen allein aus maronitischen Christen bestehenden Staat zu schaffen, trennen die Franzosen den Libanon von Syrien ab. Da das von den maronitischen Christen bevölkerte Territorium jedoch zu klein ist, um einen lebensfähigen Staat zu bilden, werden dem Libanon auch Bereiche angegliedert, die hauptsächlich von Sunniten und Schiiten bewohnt sind, welche sich in Syrien bedeutend wohler gefühlt hätten.
Obwohl es auch unter der osmanischen Herrschaft kleinere Reibungen zwischen Angehörigen verschiedener Glaubensrichtungen und Konfessionen gegeben hat, haben die verschiedenen Gruppierungen doch friedlich miteinander gelebt. Die vorherrschenden Ideologien, die sich gegen Ende der osmanischen Herrschaft im Volk zeigen, sind überwiegend arabisch-nationalistisch oder panarabisch und ihr Streben geht dahin, ein so großes Gebiet wie möglich zusammenzuhalten, zumindest Syrien, der Libanon und Palästina sollen ein einziges Land bilden. Separationsbestrebungen sind – mit Ausnahme vielleicht der von den Franzosen schon seit langem geförderten maronitischen Christen – nicht einmal im Ansatz vorhanden. Dennoch versucht die französische Mandatsregierung, die von Alawiten besiedelten Gebiete sowie Alexandretta an der Mittelmeerküste abzutrennen, was Syrien gänzlich vom Mittelmeer abgeschnitten hätte. Auch die Drusen im Süden des Landes werden eingezäunt – ein schwerer Fehler, wie sich später noch zeigen wird.
Unter dem Vorwand, die Vertreter verschiedener Konfessionen zu deren eigenem Schutz voneinander zu trennen, betreiben die Franzosen eine „divide et impera“-Politik, um Aufständen der mehr als nur unzufriedenen Bevölkerung vorzubeugen.

(1) Quelle Bild: https://chronicle.fanack.com