Vom Sechstagekrieg zum Jom-Kippur-Krieg: 1967-1973

Israels Hauptziel ist die Zerstörung der ägyptischen Armee. Schon am ersten Tag der Kampfhandlungen gelingt es Israel, die arabische Luftwaffe nahezu auszuschalten. Am Ende der ersten zwei Tage haben die Israelis die Ägypter bis an den Suezkanal zurückgedrängt und die Sinai-Halbinsel besetzt. Auch die Jordanier, die israelische Ziele bombardiert hatten, sehen sich in die Defensive gedrängt. Nachdem gleich zu Beginn die syrische Luftwaffe ausgeschaltet worden war, beschränken sich die Kampfhandlungen mit Syrien fortan auf Artilleriegefechte entlang der israelisch-syrischen Grenze. Am 8. Juni lässt sich Syrien auf den vom UN-Sicherheitsrat geforderten Waffenstillstand ein. Dessen ungeachtet befiehlt der israelische Verteidigungsminister Moshe Dayan seinen Truppen am folgenden Tag, die Golanhöhen [1] zu besetzen, obwohl er dazu nicht vom Kabinett bevollmächtigt ist. Während der letzten beiden Tage des Sechstagekriegs greifen die Israelis an. Am vorletzten Tag erleidet die syrische Armee trotz erbittertem Widerstand eine Niederlage. Israel erwartet eine Gegenattacke, doch sie kommt nicht: Am darauffolgenden Tag tritt die syrische Armee einen panikartigen Rückzug an, als falsche Meldungen im syrischen Radio verkünden, al-Quneitra, eine strategisch wichtige Stadt auf den Golanhöhen, sei gefallen. Verteidigungsminister Hafiz al-Assad dementiert diese Behauptungen im Radio, doch es ist bereits zu spät. Al-Quneitra geht unverteidigt in die Hände der Angreifer über.
Der desaströse Militäreinsatz führt dazu, dass sich die Beziehungen zwischen Salah Jadid und Hafiz al-Assad rasch verschlechtern. Assad beginnt, die Unterstützer Jadids aus Schlüsselpositionen zu entfernen. Eine Kluft tut sich auf zwischen den Assad ergebenen Streitkräften und Jadids Parteiapparat. Im Februar 1969 werden Herausgeber von Zeitungen, Radiomoderatoren und Regierungs- und Parteivertreter durch Assad-Unterstützer ersetzt. Rifaat al-Assad, Hafiz al-Assads jüngerer Bruder erhält einen hohen Posten im Innenministerium. Zum letzten Machtkampf zwischen Jadid und Assad kommt es auf einer Parteikonferenz im Oktober 1970. Der Streitpunkt ist die Auseinandersetzung zwischen den palästinensischen Guerilla-Kämpern der PLO und Jordaniens König Hussein, welche sich auf dem Hoheitsgebiet Jordaniens zu einem handfesten Bürgerkrieg entwickelt hat. Während Jadid aus ideologischen [2] Gründen der PLO militärisch gegen Jordanien beistehen will, sieht Assad die Sache pragmatischer: Er befürwortet einen Militäreinsatz zu Gunsten der Palästinenser nur in beschränktem Ausmaß, wohl wissend, dass Israel und Amerika auf Seiten Jordaniens eingreifen könnten. Also weist Assad die syrischen Truppen an, sich zurückzuziehen, was schließlich dazu führt, dass König Husseins Armee die Oberhand gewinnt.
Auf besagter Parteikonferenz beschuldigt Jadid Assad des Defätismus und wirft ihm vor, vor den Imperialisten klein beigegeben zu haben. Assad wird seines Postens enthoben. Doch kurz darauf übernimmt Assad in einem unblutigen Staatsstreich die Macht. Jadid, der Assad einen nicht unbedingt angenehmen Tod in Aussicht stellt, sollte es ihm jemals gelingen, wieder die Macht zu übernehmen, wird festgenommen und stirbt 1993 im Gefängnis.
Wie auch seine Vorgänger sieht sich Hafiz al-Assad mit einer schwierigen außenpolitischen Situation konfrontiert, die sich auch auf den Zustand im Inneren auswirkt.
Die Golanhöhen sind nach wie vor von Israel besetzt. 1970 stationiert Israel dort Panzer innerhalb einer Entfernung von 60 km von Damaskus. Auf dem Gipfel des Hermonberges sind israelische Radargeräte und Teleskope positioniert, so dass jedes Flugzeug, das im Flughafen von Damaskus landet oder abhebt, beobachtet werden kann. Syrien hat somit zwei außenpolitische Ziele, von denen es nicht abrücken kann: Die Rückgewinnung der Golanhöhen und die Unterstützung der Palästinenser bei ihrer Forderung nach Gerechtigkeit. Da beide mit seinem Nachbarn Israel zu tun haben, bemüht sich Syrien, soweit aufzurüsten, dass es zumindest im Verbund mit Ägypten eine Chance gegen Israel hat. Es ist nicht klar, ob und wann es zu einer Einigung mit Israel kommt, und so sieht sich Syrien gezwungen, mehr oder weniger permanent in Gefechtsbereitschaft zu verharren. Das 1963 eingeführte Notstandsgesetz gilt noch immer und wird erst 2011 aufgehoben werden. Um mit Israel konkurrieren zu können, braucht Syrien einen zuverlässigen Waffenlieferanten und sieht sich prompt wieder in einem Dilemma: Aufgrund des Kalten Krieges und gerade wegen der arabisch-israelischen Auseinandersetzung wollen die USA, Frankreich und Großbritannien den Syrern keine Waffen zur Verfügung stellen. Die Sowjetunion hingegen erklärt sich gerne bereit, Syrien mit Waffen zu versorgen, erhofft sich aber politischen Einfluss. Syrien gelingt es jedoch, dem auszuweichen, und so rüstet es in der Folge seine Armee mit sowjetischen Waffen und sowjetischer Unterstützung auf.
Am 6. Oktober 1973 greifen Syrien und Ägypten Israel an. Syrien will die besetzten Golanhöhen zurückerobern, während es Ägypten um die von Israel besetzten Gebiete, die direkt an den Suezkanal grenzen, geht.
[1] Dort entspringt der Hermonfluss, einer der Quellflüsse des Jordan
[2] Man bedenke die panarabische Ideologie der Baath-Partei, die die Palästinenser quasi als Syrer sieht, was sie in ethnischer Hinsicht ja auch wirklich sind
(1) Quelle Bild: http://www.goruma.de/Wissen/Naturwissenschaft/Landkarten/Asien/israel_landkarte.html