1973-1982: Vom Jom-Kippur-Krieg bis zum Libanonfeldzug

Hafiz al-Assad (1)
Hafiz al-Assad (1)

Nach großen Anfangserfolgen wird die syrische Armee von den Golanhöhen zurückgedrängt. Israelische Truppen dringen über die alte Waffenstillstandslinie hinaus in syrisches Gebiet ein. Bis zum Waffenstillstand am 24. Oktober 1973 gelingt es den Israelis, auch die ägyptische Armee zurückzudrängen und den Suezkanal zu überqueren.
Während der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat fortan um Versöhnung bemüht ist, etwa indem er rasch einem Gefangenenaustausch mit Israel zustimmt, sieht der syrische Präsident keinen Grund, Zugeständnisse zu machen und lehnt ein Treffen mit der israelischen Führung ab. Obwohl der Jom-Kippur-Krieg strenggenommen weder Sieger noch Verlierer kennt, hat er auf Israel, das von seiner militärischen Überlegenheit überzeugt gewesen war, eine Schockwirkung, während Syrien seine Ehre nach dem desaströsen Sechstagekrieg wiederhergestellt sieht. Die USA, die eine Vermittlertätigkeit zwischen den Israelis und den Arabern einnehmen, nutzen die Gelegenheit, Ägypten auf ihre Seite des Kalten Krieges zu ziehen. Seines Verbündeten beraubt, würde auch Syrien keine Gefahr für Israel mehr darstellen. Die Golanhöhen bleiben von Israel besetzt, und ein kleiner Landstrich wird als UN-Pufferzone eingerichtet.
Syrien setzt sich bei der UN für eine Gesamtlösung des arabisch-israelischen Konfliktes ein: Die Rechte der Palästinenser sollen international anerkannt werden mit der PLO als Vertreter des palästinensischen Volkes. Israel solle sich aus allen besetzten Gebieten (einschließlich der Golanhöhen) zurückziehen.
Auch die Vorgänge im Libanon werden von Syrien aufmerksam beobachtet – ist der Libanon doch in gewisser Hinsicht ein Teil Syriens, der von den Franzosen im Versuch, einen christlichen Staat zu gründen, abgetrennt worden war. Da die Gemeinde der maronitischen Christen jedoch zu klein war, hatten auch Gebiete, die überwiegend von Sunniten und Schiiten bewohnt waren, angegliedert werden müssen, um einen funktionsfähigen Staat zu bilden. Zunehmend kommt es zu Reibungen zwischen den verschiedenen Religionen und Konfessionen. Im Süden des Landes leben neben schiitischen Bauern, deren Bevölkerung in den letzten Jahren rasch angewachsen ist, auch Flüchtlinge aus Palästina, die seit dem Krieg von 1948/49 vorwiegend in Lagern im Südlibanon leben und deren Zahl mittlerweile auf stolze 350000 angewachsen ist. Nach dem Sechstagekrieg beginnen palästinensische Guerillas vom Südlibanon aus vereinzelte Anschläge auf Israel zu verüben, und seit die PLO 1970 aus Jordanien vertrieben worden ist, benutzt sie Beirut als neues Operationszentrum. Die schwache libanesische Regierung sieht sich außerstande, diese Attacken zu unterbinden. Israel führt Vergeltungsschläge gegen den Libanon aus, die nicht selten die Zivilbevölkerung treffen, sei es nun Zufall oder sei es, um die Bevölkerung gegen die palästinensischen Milizen aufzubringen. Nachdem 1968 das Flugzeug einer israelischen Fluggesellschaft von palästinensischen Terroristen entführt wird, zerstört Israel dreizehn geparkte Zivilflugzeuge auf dem Beiruter Flughafen, obwohl keinerlei Zusammenhang zwischen den arabischen Fluggesellschaften und den Terroristen besteht. Die Geiselnahme bei den Olympischen Spielen 1972 in München, bei der elf israelische Sportler von palästinensischen Terroristen getötet werden, führt zu Vergeltungsschlägen auf PLO-Basen im Libanon, wobei auch die umliegende Gegend in Mitleidenschaft gezogen wird.
Als 1975 der Bürgerkrieg im Libanon ausbricht, bei dem sich zunächst maronitische Christen auf der einen Seite und Muslime, palästinensische und linksgerichtete Gruppierungen auf der anderen Seite gegenüberstehen, versucht sich Hafiz al-Assad als Vermittler zwischen den Konfliktparteien. Er bemüht sich um eine Versöhnung zwischen dem palästinensischen Führer Yassir Arafat und dem Führer der muslimisch-linken Opposition Kamal Jumblatt mit der christlich-maronitisch dominierten Regierung. Als diese Bemühungen scheitern, ersucht die libanesische Regierung syrische Hilfe in Form einer arabischen Friedenstruppe. Im Juni 1976 betreten syrische Soldaten den Nordlibanon und besetzen Tripoli und die Bekaa-Ebene. Diese Aktion wird im Oktober von der Arabischen Liga legitimiert.
Nachdem 1978 palästinensische Terroristen in israelisches Gebiet eingedrungen waren und mehr oder weniger wahllos Zivilisten getötet hatten, marschiert nur wenige Tage später die israelische Armee in den Südlibanon ein und besetzt das Gebiet bis zum Litani-Fluss. Dabei kommen zwischen ein- und zweitausend Menschen ums Leben, fast 300000 werden vertrieben. Die PLO zieht sich in den Norden zurück und attackiert nun von dort aus die Israelis.
1982 versuchen palästinensische Terroristen den israelischen Botschafter in London zu ermorden, woraufhin Israel Luftschläge gegen Stellungen der PLO in West-Beirut durchführt. Die PLO antwortet mit Raketen und Artillerie. Wenige Tage später marschiert Israel in den Libanon ein (Libanonfeldzug). Diese Aktion läutet die Geburtsstunde der Hisbollah ein: Mit Unterstützung des Iran wird eine schiitische Miliz trainiert, die die Israelis aus dem Land treiben soll.                           1979 unterzeichnet Ägypten einen Friedensvertrag mit Israel, woraufhin es aus der Arabischen Liga verstoßen wird. Während sich Israel aus den besetzten ägyptischen Gebieten zurückzieht (und die Sinai-Halbinsel schließlich 1982 zurückgibt), bleiben die Golanhöhen besetzt. Seines wichtigsten Alliierten beraubt, ist Syrien nicht mehr in der Lage, das Kräftegleichgewicht aufrechtzuerhalten. 1981 erlässt Israel ein Gesetz, das seine Verwaltung über die Golanhöhen so weit ausdehnt, dass der Vorgang gemeinhin als Annexion bezeichnet wird. Der UN-Sicherheitsrat erklärt das Gesetz zwar für ungültig, was in praktischer Hinsicht aber nichts ändert.

(1) Quelle Bild: http://www.presidentassad.net