
Kräftemessen zwischen Hafiz und Rifaat al-Assad
Nach dem islamischen Aufstand, der im „Massaker von Hama“ 1982 gipfelte, wird die Präsenz des Geheimdiensts in den Städten stärker; jedoch wird von der Regierung kein Versuch gemacht – wie etwa unter Hassan al-Bakrs Irak – die Religion zu unterdrücken.
Es bleibt die Gefahr einer von einem ausländischen Staat unterstützten islamischen Rebellion: Der Irak nimmt militante syrische Islamisten sowie verbannte Regimekritiker auf. Auch Saudi-Arabien und Jordanien gewähren ambitionierten politischen Gegnern der syrischen Baath-Regierung Unterschlupf. Auch schrecken letztere nicht davor zurück, syrische Revolutionäre in Form von militärischer Ausbildung zu unterstützen. Hinzu kommen einige Syrien feindlich gesinnte bewaffnete Gruppierungen im Libanon, allen voran Yasser Arafats PLO. Assad seinerseits versucht, konkurrierende Gruppierungen zur PLO aufzubauen und zu unterstützen, speziell zu nennen ist hier die Hamas. Dann ist da noch Israel und sein Beschützer USA. Die CIA hatte bereits demonstriert, dass sie bereit ist, sich in innenpolitische Angelegenheiten Syriens einzumischen.
Die größte Herausforderung seiner Machtstellung ist jedoch das Kräftemessen mit seinem Bruder Rifaat im Jahr 1983, als Hafiz al-Assad wegen schwerer Herzprobleme zeitweilig nicht zur Leitung der Regierungsgeschäfte fähig ist. Rifaat al-Assad war maßgeblich an der Machtübernahme seines Bruders 1970 beteiligt gewesen. In den 70ern und 80ern leitet er die interne Elite-Security-Einheit und die „Verteidigungskompanien“, eine paramilitärische Organisation, deren Aufgabe darin bestand, die Regierung und Damaskus vor externen und internen Angriffen zu schützen.
Vom Krankenbett aus ernennt der Präsident eine Art Regentenrat, bestehend aus sechs Männern, die übrigens alle sunnitische Muslime sind: Sein Premierminister, sein Außenminister, sein Verteidigungsminister, der Stabschef sowie zwei hochrangige Parteimitglieder sollen während Assads Genesung die Geschicke des Landes lenken. Rifaat al-Assad war nicht eingeplant, wird aber dennoch auf Bestreben einiger einflussreicher Generale dazugeholt. Entgegen den Instruktionen des Präsidenten gerät Damaskus Ende 1983 unter die Kontrolle des regionalen Kommandos der Baath-Partei, von der Rifaat al-Assad ein prominentes Mitglied ist. Sein Einfluss im regionalen Kommando wächst, und als schließlich die Genesung des Präsidenten einsetzt, entsteht eine angespannte Situation. Rifaat kontrolliert einen substantiellen Teil der Armee, einschließlich mehrerer Eliteeinheiten. Allem Anschein nach genießt er auch die Bewunderung der jungen Soldaten. Einen Moment lang sieht es so aus, als könne das Land in einen internen Konflikt gezogen werden, falls sich die Armee spaltet und verschiedene Einheiten dem ein oder anderen Bruder Treue schwören. Als jedoch Hafiz al-Assad 1984 wieder seine Amtsaufgaben übernehmen kann, beschließt Rifaat, ihn nicht herauszufordern. In einem Scheinkompromiss wird Rifaat nominell zum Vizepräsidenten mit Verantwortung für Sicherheitsfragen gemacht, in praktischer Hinsicht kommt er nie wieder einer Machtstellung auch nur nahe. Die „Verteidigungskompanien“ werden verkleinert und dann von anderen militärischen Einheiten geschluckt. Unter dem Vorwand, eine Delegation zu leiten, geht er schließlich nach Moskau (bzw. wird geschickt), und kehrt nur noch einige Male nach Syrien zurück.
(1) Quelle Bild: http://i.dailymail.co.uk/
Die damaligen Gerüchte sprachen davon, daß auf dem Gipfel der Spannungen – die unterschiedlich loyalen Einheiten standen sich mitten in der Stadt schon kampfbereit gegenüber – Präsident Assad in ausschließlicher Begleitung seines persönlichen Bodyguards Khaled in die Zentrale seines Bruders Rifaat gefahren sei … wo er diesem ‚die Ohren langgezogen‘ habe. Alleine diese beeindruckende Selbstsicherheit des älteren habe den ‚Bruderkrieg‘ abgewendet. Die anschließende nominelle Ernennung Rifaats zum Vizepräsidenten wahrte dessen Gesicht. Er hat sich danach im spanischen Marabella niedergelassen.
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