Der stellvertretende Außenministers Syriens, Faisal al-Miqdad, gab am 16. August auf einer Pressekonferenz in Damaskus bekannt, dass die syrische Armee in einigen kürzlich von den Rebellen zurückeroberten Gebieten, u.a. in Aleppo und Ost-Ghouta, wo sich vor knapp vier Jahren ein Giftgasanschlag mit hoher Opferzahl ereignet hatte, CS- und CN-Gase amerikanischer und britischer Hersteller gefunden habe (1). Das Gas sei in Handgranaten und Gefechtsköpfen für Granatenwerfer enthalten gewesen. Bei den Herstellern handele es sich um „Federal Laboratories“ und „NonLethal Technologies“ aus den USA sowie „Cherming Defense“ aus Großbritannien (2,3). CS (2-Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril) und CN (Chloracetophenon) sind sogenannte „Tränengase“, wie sie von der Polizei zur Unterdrückung von Randalen eingesetzt werden. Bei niedriger Dosis treten Reizung der Augen, Schleimhäute und Atemwege auf, bei höherer Dosierung krampfartige Hustenanfälle bis hin zum Erbrechen. Wird das Gas in einer geschlossenen Räumlichkeit angewendet, können tödliche Lungenschäden entstehen. CN ist toxischer als CS und in der Praxis weitestgehend durch dieses ersetzt. Nach der Chemiewaffenkonvention dürfen Reizgase nur zur Unterdrückung von Randalen, nicht aber im Kampf als Waffe eingesetzt werden. Im Falle, dass die USA und GB tatsächlich die Gase an bewaffnete Rebellen verkauft haben sollten, hätten sie demnach gegen die Chemiewaffenkonvention verstoßen. Großbritannien und die USA streiten indes ab, Reizgase an syrische Rebellen verkauft zu haben. „Cherming Defense“ (4,5) und „NonLethal Technologies“ (6) stritten ab, „chemische Kampfstoffe“ zu produzieren – allerdings war ihnen dies auch nicht vorgeworfen worden. Wie ein Blick auf die Internetpräsenz dieser beiden Firmen zeigt, stellen sie Reizgase wie CS, also sogenannte „Riot Control Agents“ her, welche nach den Worten des stellvertretenden syrischen Außenministers in die Hände der Rebellen gelangt sind, welche sie dann entgegen der Chemiewaffenkonvention als Waffe eingesetzt hatten. Interessanterweise scheinen die Sprecher dieser beiden Konzerne nicht explizit abzustreiten, die Reizgase CS oder CN, welche sie offenbar nicht als „chemische Kampfstoffe“ betrachten, nach Syrien verkauft zu haben, auch wenn die Überschriften der betreffenden Artikel zunächst diesen Eindruck vermitteln.Davon abgesehen war die britische Firma „Cherming“ bereits im Jahr 2011 in einen Skandal verwickelt, als sich herausstellte, dass sie während des „Arabischen Frühlings“ CS- und CN-Gas nach Ägypten geliefert hatte. Darüber hinaus ist die amerikanische Präsenz der Firma „Chemring Military Products“ einer der Hauptlieferanten bulgarischer Waffen an die gemäßigte syrische Opposition (7).Da Saudi-Arabien der drittgrößte Abnehmer von „Chemrings“ Produkten ist, könnte das CS- und CN-Gas Syrien auch auf diesem Wege erreicht haben (8). Was „Federal Laboratories“ betrifft, so scheint sich diese Firma (noch) nicht zu dem Thema geäußert zu haben.

In den vergangenen Jahren war immer wieder über den Einsatz von giftigen Gasen in Syrien berichtet worden, die Symptome ähnlich einer Chlorgasvergiftung hervorriefen. Es stellt sich die Frage, ob nicht einige dieser Fälle in Wirklichkeit auf CS und CN zurückzuführen sein könnten, da die Symptomatik ähnlich ist.

Weiterhin teilte al-Miqdad auf der Pressekonferenz mit, dass unter den von den Rebellen zurückgelassenen Waffen und sonstigen Objekten auch Chemikalien aus türkischer Produktion gefunden worden seien, die zur Produktion von Chemiewaffen dienen können.